Es könnte ein wegweisendes Verfahren sein: Das US-Justizministerium wirft Google vor, seine Vormachtstellung bei der Internetsuche missbraucht zu haben. Heute beginnt der Prozess, der letztlich nicht nur die Suche im Internet umkrempeln könnte.
Es ist das größte US-Kartellrechtsverfahren im IT-Bereich seit Jahrzehnten: Das amerikanische Justizministerium hat im Jahr 2020 Google angeklagt. Der Vorwurf lautet: Google missbraucht seine Monopolstellung und schadet damit anderen Unternehmen, die Suchfunktionen im Internet anbieten. Heute beginnt das Verfahren vor dem Bezirksgericht im District of Columbia, dauern soll es rund zehn Wochen.
Jahrelang habe Google wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen, heißt es in der Anklageschrift. Google zahlt Beträge in Milliardenhöhe, um als Standard-Suche in möglichst vielen Browsern und Geräten zu erscheinen. Dazu zählen etwa Browser wie Mozilla Firefox und Opera oder Smartphone-Hersteller wie Samsung und Apple. Mitunter verbiete Google seinen Geschäftspartnern, Vereinbarungen mit Konkurrenten zu treffen.
Googles Marktanteil bei der Internet-Suche liegt schon seit Jahren bei rund 90 Prozent. Das Justizministerium sagt, dass Google seine Monopolstellung durch diese Verträge beibehält und es anderen Unternehmen unmöglich macht, ihre Suchfunktionen Nutzer:innen anzubieten. Die Regierung fordert, dass Google „strukturelle Abhilfe“ schafft, was auf eine Zerschlagung des Konzerns hinauslaufen könnte. In Frage kommen aber auch Bußgelder oder eine außergerichtliche Einigung.
“Menschen nutzen Google nicht, weil sie müssen, sondern weil sie es wollen”
Googles Hauptargument gegen die Anklage ist, dass sich Nutzer:innen freiwillig für ihre Suchfunktion entscheiden. Kent Walker, Präsident für globale Angelegenheiten und Rechtsexperte von Google greift das in einem Statement auf. Er behauptet, dass die Vertriebsvereinbarungen für die Google-Suche auf die Qualität der Google-Dienste zurückzuführen sind: “Menschen nutzen Google nicht, weil sie müssen, sondern weil sie es wollen”.
Weiter verweist Walker darauf, dass andere Unternehmen, etwa Bing und Yahoo, ebenfalls Vereinbarungen mit beispielsweise Apple abgeschlossen haben, um in Safari zu erscheinen. Wie einfach diese Einstellungen zu ändern seien, demonstriert er in seinem Statement– wohl wissend, dass dies kaum jemand macht, und dass sich der Austausch der Suchmaschine nicht überall so einfach bewerkstelligen lässt. Aus Sicht von Google sollte es jedenfalls nicht um das Wohl des Wettbewerbs, sondern um das Wohl der Verbraucher:innen gehen.
Ein möglicher Wegbereiter
Obwohl sich das Verfahren auf die Suchfunktion von Google fokussiert, könnte das Ergebnis jedoch die zukünftige Rolle des Unternehmens in anderen Bereichen beeinflussen, beispielsweise im KI-Sektor. So nutzt Google den Datenschatz, der bei der Internetsuche anfällt, für andere Produkte, unter anderem für personalisierte Werbung, seinen Bilderkennungsdienst Google Lens oder noch nicht öffentliche Forschungsprojekte. Ohne ungehinderten Zugang zu dieser wichtigen Datenquelle müsste Google wohl merkliche Konsequenzen befürchten, nicht zuletzt für seine Konzernbilanz.
Der letzte Prozess in dieser Größenordnung war das Verfahren gegen Microsoft. Um die Jahrtausendwende herum musste sich Microsoft gegen den Vorwurf wehren, seine dominante Marktposition im Browser- und OEM-Bereich missbraucht zu haben. Microsoft konnte das Verfahren zwar teils gewinnen, musste aber Teile seiner Systeme für die Konkurrenz öffnen.
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