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„Von vorne bis hinten rechtswidrig“: Radio Dreyeckland wehrt sich gegen umstrittene Razzia

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatte im Januar die Redaktionsräume von Radio Dreyeckland durchsucht, weil der Sender einen Link auf das Archiv des verbotenen Portals linksunten.indymedia.org gesetzt hatte. Die Razzia hat nun ein juristisches Nachspiel.

Polizist in den Räumen des Senders.
Die Polizei durchsuchte die Räume des Radiosenders. – Alle Rechte vorbehalten Radio Dreyeckland

Nach der Razzia gegen den Freiburger Sender „Radio Dreyeckland“ gehen die Betroffenen in die Gegenoffensive . Zusammen mit der Bürgerrechtsorganisation GFF (Gesellschaft für Freiheitsrechte) wehrt sich der Sender beim Landgericht Karlsruhe gegen eine Durchsuchung seiner Redaktionsräume, bei der auch Laptops beschlagnahmt wurden.

Mitte Januar hatte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Räume durchsuchen lassen, weil der Sender in einem Artikel das Archiv des verbotenen Portals linksunten.indymedia.org verlinkt hatte. Der Sender selbst hält die Razzia nicht für rechtens. Auch die Organisationen Reporter ohne Grenzen, die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt, kritisierte die Maßnahme.

Die GFF unterstützt die Beschwerde von Radio Dreyeckland, denn dahinter stecken auch grundlegende Frage: Kann es strafbar sein, im Rahmen eines Presseberichts einen Link zu setzen? Und durfte die Polizei überhaupt die Räume der Redaktion und die Wohnungen von Mitarbeiter*innen durchsuchen? Sollte das Landgericht die Durchsuchungsbeschlüsse bestätigen, will die GFF dagegen eine Verfassungsbeschwerde einreichen.

„Von vorne bis hinten rechtswidrig“

„Die Durchsuchungsbeschlüsse waren von vorne bis hinten rechtswidrig. Das Setzen von Links gehört zu gutem Online-Journalismus dazu und ist von der Pressefreiheit geschützt. Nur so können Leser:innen sich selbst informieren und eine Meinung bilden“, kritisiert David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF gegenüber netzpolitik.org. „Die rechtswidrigen Durchsuchungen und Beschlagnahmen schließen nahtlos an das unverhältnismäßige Verbot von linksunten.indymedia an. Erst wurde das Vereinsrecht missbraucht, um ein Online-Medium zu verbieten. Jetzt wird auch noch kritische Berichterstattung über dieses Vorgehen kriminalisiert.“ Es müsse möglich sein, kritisch über Vereinsverbote zu berichten.

Das Bundesinnenministerium unter Thomas de Maizière (CDU) hatte linksunten.indymedia.org im Wahlkampf 2017 verboten. Dabei bediente sich das Innenministerium eines juristischen Kniffs, indem es die Plattform nicht als Medium, sondern als „Verein“ deklarierte. Sämtliche Ermittlungsverfahren gegen angeblich beteiligte Personen, unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, wurden eingestellt oder verliefen im Sande. Am Vorgehen gegen linksunten.indymedia.org gab es damals Kritik von unterschiedlichen Seiten.

Staatsanwaltschaft wollte sogar IP-Adressen

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatte bei der Razzia beim Radiosender teilweise unverschlüsselte Speichermedien von Mitarbeiter:innen des lizenzierten Radiosenders beschlagnahmt und kopiert. Der Sender sieht darin einen tiefen Eingriff in das Redaktionsgeheimnis. Es sei auch Kommunikation mit Journalist:innen und Quellen betroffen. Radio Dreyeckland fordert die sofortige Einstellung des Ermittlungsverfahrens und die Löschung der erhobenen Daten.

Darüber hinaus hatte die Staatsanwaltschaft nach Angaben von Radio Dreyeckland sogar den Webhoster des Senders kontaktiert. Demnach sollte der Hoster alle IP-Adressen herausgeben, die den Artikel mit dem brisanten Link aufgerufen hatten. „Nach dem ersten Blick in die Akten wird klar, dass die Staatsanwaltschaft bei unserem Hoster sogar alle IP-Adressen erfragt hat, die in letzter Zeit auf rdl.de zugegriffen haben“, schreibt Radio-Dreyeckland-Techniker Franz Heinzmann in einer Pressemitteilung. Das hätte nicht nur die rund 150 Menschen betroffen, die am Programm des Senders mitwirken, sondern alle Hörer:innen und Nutzer:innen von Radio Dreyeckland.


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