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Maßnahmen gegen Russland: So reagieren Online-Plattformen auf den Krieg in Ukraine

Eine Person protestiert gegen den Krieg Russlands in der Ukraine, aufgenommen in der Nähe des russischen Konsulats in Istanbul, Türkei, am 2. März 2022.
Eine Person protestiert gegen den Krieg Russlands in Ukraine, aufgenommen in der Nähe des russischen Konsulats in Istanbul, Türkei, am 2. März. – Alle Rechte vorbehalten Foto: Imago / GocherImagery; Logos: Telegram, Facebook, Twitter, Tiktok, YouTube; Bearbeitung: netzpolitik.org

Große Online-Plattformen reagieren auf den Krieg in Ukraine. Ob sie das wollen oder nicht, sind sie etwa Schauplatz im Kampf um Meinungshoheit oder dienen als Quelle für neueste Informationen über den Kriegsverlauf. Auch wenn sie keine traditionellen politischen Akteure sind, haben sie dadurch Einfluss auf Millionen von Menschen. Inzwischen haben Google, Facebook, Apple und viele andere Konsequenzen gezogen. Sie schränken Inhalte ein, schalten Funktionen teilweise ab oder ziehen sich ganz aus dem russischen Markt zurück.

Die Plattformen bewegen sich dabei in einem Spannungsfeld. Gar nicht zu reagieren würde bedeuten, Russland in seinem Angriffskrieg weiterhin Zugang zu den eigenen digitalen Infrastrukturen zu gewähren, unter anderem für Desinformation und Propaganda. Umgekehrt stellt sich die Frage, was die Vision vom freien Internet noch zu bedeuten hat: Wann und wie stark sollten Plattformen politisch eingreifen – und wer legitimiert das? So schreibt etwa die Süddeutsche Zeitung in einem Kommentar von einem „riskanten Zensur-Ping-Pong“.

Die Europäische Union hat inzwischen von politischer Seite eine Entscheidung getroffen und die Verbreitung russischer Staatsmedien untersagt, das Verbot ist seit dem 2. März wirksam. Blockieren, einschränken oder abwarten – hier kommt ein Überblick über einige beachtenswerte Maßnahmen großer Online-Plattformen, Stand 3. März.

Echtzeit-Verkehrsdaten verschwinden von Kartendiensten

Google Maps hat seinen Kartendienst für das Gebiet von Ukraine eingeschränkt. Echtzeit-Verkehrsdaten sind jetzt nicht mehr verfügbar. In Friedenszeiten soll die Funktion Autofahrer:innen vor Staus warnen. Im Krieg könnten sie möglicherweise Hinweise geben, welche Straßen gerade wegen Truppenbewegungen verstopft sind. Entfernt wurden auch von Nutzer:innen gesetzte Google-Maps-Markierungen. Wie Buzzfeed News berichtet, könnten Angreifer:innen unter Umständen mit solchen Markierungen potentielle Ziele erfassen. Überprüfen konnte Buzzfeed News das aber nicht.

Google-Rezensionen wurden auch entfernt. Ein Google-Sprecher hat Buzzfeed News bestätigt, dass Google „aus Gründen der Vorsicht“ von Nutzer:innen erstellte Orte, Fotos, Videos, Bewertungen und Geschäftsinformationen entferne. Es gehe um Ukraine, Russland und Belarus. Davon betroffen sind auch Anti-Kriegs-Botschaften, die Aktivist:innen nach einem Aufruf von Anonymous verbreitet haben. Die Botschaften wurden als Google-Rezensionen von unter anderem Restaurants in Russland veröffentlicht und sollten damit die russische Zensur umgehen.

YouTube blockiert ab dem 1. März in der EU Kanäle mancher russischer Staatsmedien. In einem Tweet schrieb YouTube-Mutter Google: „Aufgrund des andauernden Krieges in Ukraine sperren wir mit sofortiger Wirkung die YouTube-Kanäle von RT und Sputnik in ganz Europa.“ Mit einer deutschen IP-Adresse lässt sich etwa der RT-Kanal noch auffinden, aber nicht mehr aufrufen: „This channel is not available in your country“, heißt es.

Apple hat gleich mehrere Dienste für Russland pausiert. Wie ein Sprecher gegenüber dem US-Magazin TechCrunch mitteilte, verkaufe Apple keine Produkte mehr in Russland und habe seine Lieferungen dorthin eingestellt. Der Bezahlservice Apple Pay ist deaktiviert worden, was auch für Google Pay gilt. Der Kartendienst Apple Maps zeige – ähnlich wie Google Maps – keine Echtzeit-Verkehrsdaten in Ukraine mehr an.

Schutz von Social-Media-Accounts

App-Marktplätze von Google (Play Store) und Apple (App Store) haben Apps von RT und Sputnik aus dem Angebot genommen. Bei Google gilt das für Europa, bei Apple weltweit außerhalb Russlands. Wer Geräte mit Android oder iOS benutzt, greift in der Regel auf diese App-Marktplätze zurück.

Meta, Mutterkonzern von Facebook und Instagram, hat die Inhalte von Accounts russischer Staatsmedien wie RT und Sputnik am 28. Februar europaweit blockiert. Als wir etwa mit einem deutschen Instagram-Account die Seite von RT öffnen wollten, erschien ein Fenster mit dem Hinweis „Dieses Profil ist in deiner Region nicht verfügbar“. Darüber hinaus seien die Inhalte weltweit schwerer auffindbar. Wie Meta weiter mitteilt, könnten russische Staatsmedien auch keine Werbung schalten und ihre Inhalte nicht monetarisieren.

Instagram bekommt zudem Ende-zu-Ende-verschlüsselte Nachrichten für Nutzer:innen in Ukraine und Russland. Diese sichere Verschlüsselung muss aber händisch eingeschaltet werden. Ein solches Feature plant Meta schon länger, hat es aber noch nicht weltweit ausgerollt. Im Facebook Messenger gibt es das optionale Feature bereits.

Facebook hat die Freundeslisten von Nutzer:innen in Ukraine generell auf unsichtbar gestellt. Sie können dem Konzern zufolge weder betrachtet noch durchsucht werden. Das soll verhindern, dass Menschen verfolgt und ausspioniert werden können. Optional können Nutzer:innen ihr Facebook-Profil „verschließen“, damit Fremde nicht an öffentlich verfügbar Informationen gelangen.

Telegram kommt ins Schlingern

Telegram ist sich offenbar unsicher, welche Reaktion angemessen ist. Der Messenger ist mit seinen Gruppen und Kanälen zugleich ein soziales Netzwerk. In einer Nachricht vom 27. Februar warnte Telegram-Chef Pavel Durov vor möglicherweise falschen Informationen, die auf seiner Plattform kursieren. Er erwäge, Telegram-Kanäle in den betroffenen Ländern teilweise oder vollständig einzuschränken. Kurze Zeit später hat Durov das revidiert, offenbar nach Protesten von Nutzer:innen, die Telegram nicht als Informationsquelle verlieren möchten.

TikTok hat auch den Zugang zu RT und Sputnik in Europa eingeschränkt, wie ein Sprecher gegenüber der Washington Post am 28. Februar bestätigt hat. Wir haben das mit einem deutschen Account ausprobiert: Der Account namens @rt.news zum Beispiel lässt sich zwar in der TikTok-Suche finden und aufrufen, aber es werden keine Uploads angezeigt.

Spotify hat Inhalte von RT und Sputnik innerhalb und außerhalb der EU eingeschränkt. Wie das Branchenmagazin Variety am 2. März mit Bezug auf einen Spotify-Sprecher berichtet, sind die Staatsmedien nur noch in Russland verfügbar. Sein Russland-Büro habe Spotify „auf unbestimmte Zeit“ geschlossen, möchte sich aber nicht vollständig aus Russland zurückzuziehen. „Wir halten es für äußerst wichtig, unseren Dienst in Russland aufrechtzuerhalten, um den globalen Informationsfluss zu ermöglichen“, so ein Sprecher.

Twitter hat zunächst gewarnt statt blockiert

Twitter hat russische Staatsmedien zunächst nur eingeschränkt. Entsprechende Tweets waren mit einer Hinweisbox versehen, in der auf Deutsch stand: „Bleib auf dem Laufenden“. Dann hat EU hat am 2. März die Verbreitung russischer Staatsmedien untersagt. Jetzt zeigt ein Twitter-Hinweisfenster bei Accounts von Sputnik und RT, der Account werde wegen einer „gesetzlichen Forderung“ zurückgehalten. Zuvor hatte Twitter bereits weitere Maßnahmen für Nutzer:innen in Russland und Ukraine ergriffen: Tweet-Empfehlungen von Accounts, denen man selbst nicht folgt, wurden eingeschränkt, um die Verbreitung „missbräuchlicher“ Inhalte zu senken. Werbung für Ukraine und Russland wurde pausiert.

Reddit hat die Subreddits r/Russia und r/RussiaPolitics unter „Quarantäne“ gestellt. Subreddits sind Unterforen, in etwa vergleichbar mit Gruppen auf Facebook oder Telegram. Beim Aufruf der betroffenen Subreddits sehen Nutzer:innen eine Warnung: „Bist du sicher, dass du dir diese Community ansehen willst?“ Weiter heißt es: „Diese Community enthält eine große Menge an Informationen, die nicht durch glaubwürdige Quellen belegt sind.“ Quarantäne bedeutet auf Reddit außerdem, dass verfasste Inhalte aus betroffenen Subreddits aus der Suche verschwinden und nicht mehr empfohlen werden.

Microsoft erklärte am 28. Februar, RT aus seinem Windows App Store zu nehmen. Der Software-Hersteller werde keine Inhalte mehr von RT und Sputnik anzeigen, solche Inhalte in seiner Suchmaschine Bing herunterstufen sowie die staatlich gesteuerten Angebote aus seinem Werbenetzwerk ausschließen, berichtet Reuters.


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