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Türkei: Journalistin Meşale Tolu freigesprochen

Meşale Tolu auf Pressekonferenz
Meşale Tolu bei einer Pressekonferenz bei ihrer Rückkehr 2018 auf dem Stuttgarter Flughafen. (Archivbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / epd

Die Journalistin Meşale Tolu und ihr mitangeklagter Ehemann wurden heute von einem Gericht in Istanbul freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte Tolu ursprünglich „Terrorpropaganda“ und „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vorgeworfen und sie im 30. April 2017 mit einer Anti-Terroreinheit festgenommen. Als Begründung diente der Staatsanwaltschaft die angebliche Mitgliedschaft in der verbotenen Organisation MLKP, Tolu sei etwa bei einer Beerdigung von deren Mitgliedern anwesend gewesen. Tolu sagt, sie sei als Journalistin auf der Beerdigung gewesen, an der 2.000 Menschen teilgenommen hatten. Ihre Festnahme löste in Deutschland eine Welle der Empörung aus.

Die deutsche Journalistin saß danach für für sieben Monate im Frauengefängnis Bakirköy. Im August 2018 konnte sie nach Deutschland ausreisen, blieb aber angeklagt. Ihr drohten in der Türkei bis zu 15 Jahre Haft. Tolu twitterte heute nach der Urteilsverkündung, an der sie nicht vor Ort anwesend war: „In einem Rechtsstaat wäre es zu solch einem Prozess gar nicht erst gekommen. Das Urteil kann die Repressionen und die Zeit in Haft nicht wiedergutmachen.“

Die Journalistin kurdischer Herkunft hatte in der Türkei unter anderem für Özgür Radyo und die Nachrichtenagentur Etha als Reporterin und Übersetzerin gearbeitet. Der türkische Staat schloss den Radiosender nach dem Putschversuch gegen Recep Tayyip Erdoğan im Jahr 2016 per Dekret. Tolu arbeitet heute bei er „Schwäbischen Zeitung“, wo sie im Jahr 2019 als Volontärin angestellt wurde.

Reporter ohne Grenzen: „Willkürverfahren“

Die Pressefreiheitsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF), die den Prozess beobachtet hatte, begrüßte den Freispruch: „Wir freuen uns sehr mit Mesale Tolu über ihren Freispruch. Die Vorwürfe waren von Anfang an haltlos und sie hätte niemals die Torturen der monatelangen Untersuchungshaft und die vier Jahre Unsicherheit in einem absurd langen Prozess durchmachen müssen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Dieses Willkürverfahren war ein weiterer Beweis für die Nicht-Rechtsstaatlichkeit in der Türkei“. Das Land sei mit Deutschland und der EU auf vielen Ebenen wirtschaftlich und politisch verbunden, so Mihr weiter:  „Wir dürfen deshalb bei dieser Repression nicht wegschauen.“

Laut RSF sitzen derzeit in der Türkei mindestens zehn Medienschaffende im Gefängnis. Die Zahl sei deutlich niedriger als 2017 oder 2018, doch es habe sich nur die Art der Repression verändert. Medienschaffende würden inzwischen oft unter Auflagen aus der Haft entlassen. Sie erhielten de-facto Berufsverbote, indem sie keine Presseausweise bekämen, oder sie müssten sich regelmäßig bei der Polizei melden und erhielten Ausreisesperren. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von RSF steht die Türkei auf Platz 153 von 180 Staaten.


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