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DNS4EU: EU will eigenen DNS-Server mit Filterlisten und Netzsperren

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(Symbolbild) Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Taylor Vick

Die EU-Kommission will einen eigenen DNS-Resolver für Europa anschaffen und hat deswegen eine Ausschreibung veröffentlicht. Aus dieser geht hervor, dass die EU-Kommission auch den Betrieb von Filterlisten und Netzsperren plant. Das EU-Projekt heißt DNS4EU und soll „Schutz vor Cybersicherheitsbedrohungen auf dem neuesten Stand der Technik“ bieten.

Hinter dem Kürzel DNS versteckt sich das Domain Name System. Ein DNS-Resolver ist vereinfacht gesagt dafür verantwortlich, dass eine Abfrage einer Domain wie netzpolitik.org zu der IP-Adresse bzw. dem Server führt, auf dem netzpolitik.org läuft. Das passiert in der Regel ohne aktives menschliches Tun, also im Hintergrund. Die Resolver sind ein zentrales Element des Internet, denn sie weisen die technischen Routen, sind also wichtige Wegweiser. DNS-Resolver werden derzeit vor allem von großen US-Unternehmen betrieben.

In der Begründung zum EU-DNS-Resolver heißt es deswegen auch, man wollen sich einerseits unabhängig machen davon und Datenschutzrisiken minimieren. Eine der Anforderungen sind aber auch Websperren, wenn es unter dem Punkt „Rechtmäßige Filterung“ heißt, das System solle eine „Filterung von URLs, die zu illegalen Inhalten führen“, leisten. Diese Filterung solle „auf der Grundlage der in der EU oder in nationalen Gerichtsbarkeiten geltenden rechtlichen Anforderungen (z. B. auf der Grundlage von Gerichtsbeschlüssen), in voller Übereinstimmung mit den EU-Vorschriften“ vonstattengehen. Bislang sind europaweite Websperren technisch nicht möglich. Neben diesen Websperren soll das System auch die Möglichkeit bereithalten, einen Kinderschutz per Opt-In zu aktivieren.

Politisch fragwürdiges Instrument

Websperren stehen seit jeher in der Kritik, auch wenn sie mit beispielsweise Virtual Private Networks (VPN) recht leicht zu umgehen sind. So befürchten Kritiker:innen, dass diese zu einer schnellen Ausweitung und zu Overblocking führen können. Netzsperren werden in zahlreichen, in der Regel autoritären Staaten eingesetzt, um die Meinungs- und Informationsfreiheit einzuschränken.

Viele Websperren richten sich in demokratischen Staaten bislang gegen Urheberrechtsverletzungen. So haben große deutsche Provider im letzten Jahr begonnen, mit Websperren gegen illegale Streamingdienste vorzugehen. Über solche Websperren entscheidet in Deutschland die Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII), der große Provider genauso wie Verbände der Unterhaltungsindustrie angehören. Gegen die CUII gibt es kartellrechtliche Bedenken und Kritik wegen Kollateralschäden für legale Kommunikation.

Markus Beckedahl kritisierte zu Einführung der Websperren damals in einem Kommentar:

DNS-Sperren sind eines der beliebtesten Mittel beim Aufbau einer Zensurinfrastruktur und genau das ist die Gefahr. Der Einsatz von Netzsperren in demokratischen Staaten normalisiert dieses gefährliche Instrument. […] Darüber hinaus werden einmal eingeführte Kontrollinstrumente in der Regel nicht mehr zurückgenommen, sondern ausgeweitet.

Auf Netzsperren wollen zudem Jugendschützer zurückgreifen. Sie wollen damit gegen Porno-Plattformen vorgehen, die keine funktionierenden Altersverifikationssysteme vorhalten. Vorangetrieben wird der Konflikt zwischen Pornoseiten und deutschem Jugendschutz durch die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen. Sie hat sich unter anderem Deutschlands meistbesuchte Pornoseite xHamster vorgeknöpft. Nach Informationen von netzpolitik.org gibt es aktuell Gespräche mit den größten deutschen Internetprovidern über eine Netzsperre.


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