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Neues aus dem Fernsehrat (82): Das Jahr 2022 bringt neue Spielregeln für Öffentlich-Rechtliche

Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Josiah Ferraro

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

Im März 2022 folgt Norbert Himmler auf Thomas Bellut als Intendant des ZDF. Er steht vor einer der größten Aufgaben in der Geschichte öffentlich-rechtlicher Medien. In Abstimmung mit der ARD muss er den Umbau des ZDF zu einem plattformübergreifenden Digitalangebot als Teil eines öffentlich-rechtlichen Ökosystems vorantreiben. Denn spätestens mit der für 2022 anvisierten Verabschiedung einer Auftrags- und Strukturreform durch die Länder als Rundfunkgesetzgeber (bis 14. Januar 2022 läuft noch die öffentliche Konsultation zum Entwurf), wird der wichtigste Grund für Zurückhaltung bei der digitalen Neuaufstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wegfallen: das rigide gesetzliche Korsett, das bislang größere Umschichtungen und Umstrukturierungen verhindert hat.

Aus größerer Freiheit folgt größere Verantwortlichkeit

Bislang sind sämtliche Spartensender – von ZDF Neo über ARD Alpha bis hin zu Phoenix – unmittelbar gesetzlich beauftragt. Einen solchen Sender zugunsten neuer Online-Angebote einzustellen, war damit unmöglich. Die anstehende Reform wird genau das möglich machen. Damit steigt der Spielraum, aber auch die Verantwortlichkeit für die Gestaltung des öffentlich-rechtlichen Angebots. Gesetzliche Einschränkungen können noch weniger als bisher für fehlende zeitgemäße (Digital-)Angebote herhalten.

Solche größeren Freiheiten haben sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten schon lange gewünscht. Jetzt wird es darauf ankommen, diese Chance zu nutzen. Ohne den Startvorteil von Platz Eins und Zwei auf der Fernbedienung wird das aber ein Maß an Agilität und Experimentierfreude erfordern, das im öffentlich-rechtlichen Kontext bislang nur das Jugendangebot Funk zu leisten vermochte. Funk hatte allerdings den Vorteil, ohne Altlasten und Pfadabhängigkeiten losstarten zu können.

Öffentlich-Rechtliche müssen sich öffnen

Im Wettbewerb mit und auf digitalen Plattformen werden die öffentlich-rechtlichen Medien nämlich nur dann bestehen, wenn sie sich gleich in mehrfacher Hinsicht digital öffnen. Es braucht mehr Offenheit dem eigenen Publikum gegenüber, dem bislang kaum Kanäle für Rückmeldung und Interaktion offenstehen. Die öffentlich-rechtlichen Anbieter in Deutschland und Europa müssen offener für Kooperation werden, von stärker Open-Source-basierter Softwareentwicklung bis hin zur wechselseitigen Verschränkung von Online-Angeboten. Und was die eigenen Inhalte betrifft, so gilt es diese mit Wikipedia-kompatiblen Lizenzen offener zu gestalten und so im Netz breiter zirkulieren zu lassen.

Der für dieses Mehr an Offenheit erforderliche Struktur- und Kulturwandel wird nicht einfach werden. Glücklicherweise ist Norbert Himmler als neuer ZDF-Intendant hier nicht auf sich allein gestellt. Auch in der ARD ist eine neue, digitale Generation im Kommen, am sichtbarsten in Person des neugewählten HR-Intendanten und Funk-Gründungsgeschäftsführers Florian Hager. Auch er wird 2022 seinen neuen Job antreten. Da geht was.

Dieser Beitrag der Reihe ist in leicht gekürzter Fassung zuerst bei Medieninsider (€) unter dem Titel „Öffentlich-Rechtliche müssen sich öffnen“ erschienen.


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