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„Amazon Brand Detector“: Add-on soll Amazon-Suche transparenter machen

Eine Figur in Menschenform aus Amazonkartons gebaut mit einem überraschten Gesichtsausdruck. Im Hintergrund eine Pflanze.

Das Browser-Add-on „Amazon Brand Detector“ soll sichtbar machen, wie Amazon konzerneigene Marken in den Suchergebnissen platziert. Entwickelt hat die Erweiterung das US-amerikanische Online-Portal The Markup, das sich auf datenjournalistische Recherchen über die großen Tech-Konzerne spezialisiert hat.

Das Add-on ist verfügbar für Firefox, Chrome und andere Browser, die auf Chromium basieren. Wer es installiert, sieht in seinen Amazon-Suchergebnissen alle Produkte orange unterlegt, die einer Amazon-eigenen Marke gehören. Bislang ist die Erweiterung für zehn Ländern verfügbar, darunter auch die deutsche Amazon-Seite.

Screenshot eines Amazon-Suchergebnisses bei Batterien. Das erste und das dritte Ergebnis ist von Amazon Basic und durch das im Artikel beschriebene Add-on orange unterlegt.
Ein Add-on, das Transparenz schafft: Alle Suchergebnisse von amazoneigenen Marken werden orange markiert. - Alle Rechte vorbehalten Screenshot/Amazon.de

Entstanden ist das Add-on in Folge einer Recherche des Online-Portals. Die Journalist:innen fanden Hinweise darauf, dass Amazon in den USA systematisch eigene Produkte in der Liste der Suchergebnisse bevorzugen könnte, ohne das kenntlich zu machen. Je weiter oben ein Produkt angezeigt wird, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass Kund:innen es anklicken und kaufen. So nutze Amazon seine Marktmacht aus, um andere Anbieter zu benachteiligen.

Amazon gehören mehr Marken als bekannt

Der „Amazon Brand Detector“ soll solche möglichen Verzerrungen des Wettbewerbs sichtbar machen. Neben Marken wie Amazon Basics, bei der im Namen ersichtlich ist, dass sie zum Konzern gehören, oder Kindle, bei denen der Zusammenhang vielen bekannt ist, gehören Amazon viele weitere Marken, deren Produkte auf der Plattform vertrieben werden: in den USA zum Beispiel die Lebensmittelmarke „Happy Belly“, in Deutschland die Unterwäschenmarke „Iris & Lilly“.

Eine vollständige Liste der eigenen Marken stellt Amazon nicht öffentlich zur Verfügung. Ein deutscher Sprecher des Konzerns nennt auf Anfrage nur einige Beispiele und weist darauf hin, dass Eigenmarkenprodukte etwa ein Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen würden.

Fehlende Transparenz

Amazon verschweigt also nicht, dass manche Marken dem Konzern gehören. Bei vielen Produkten weist das Unternehmen sogar in der Artikelbezeichnung darauf hin, dass es sich um eine Amazon-Marke handelt. Doch das ist leider nicht bei allen Produkten der Fall, wie das Add-on zeigt. Produkte von „Iris & Lilly“ erkennt die Erweiterung als Amazon-Marke. In der Bezeichnung der Artikel ist davon aber nichts zu sehen; erst in der genauen Beschreibung findet sich ganz unten der Hinweis.

Beim Scrollen durch die Suchergebnisse wird den Verbraucher:innen also nicht transparent gemacht, welche Produkte von Amazon kommen und welche nicht. Bei einer Suche nach den Stichworten „Unterwäsche“ und „Damen“ erscheinen die Produkte der konzerneigenen Marke dann ganz oben.

Screenshot von Amazon.de: Suchergebnisse für "Unterwäsche Damen". Acht Ergebnisse, Nummer 1, 3 und 6 von der amazoneigenen Marke Iris & Lily, orange unterlegt durch das Add-on.
Bei der Unterwäsche-Marke „Iris & Lilly“ wäre ohne das Add-on nicht auf den ersten Blick erkennbar, dass sie zu Amazon gehört. - Alle Rechte vorbehalten Screenshot/Amazon.de

Viele der Produkte haben gute und vor allem zahlreiche Bewertungen: ein Parameter, der vermutlich in das Ranking mit einfließt. Insofern scheint das gute Abschneiden bei der Suche gerechtfertigt. Doch die hohe Anzahl kann auch schlicht daran liegen, dass das Produkt weit oben erscheint und so viel Aufmerksamkeit bekommt: ein klassisches Henne-Ei-Problem.

Der Konzernsprecher bestreitet gegenüber netzpolitik.org, dass Amazon eigene Produkte in der Suche bevorzugt:

Wenn Kund:innen in unserem Store nach etwas suchen, zeigen wir ihnen Produkte, von denen wir glauben, dass sie am zufriedensten mit ihnen sein werden – ganz gleich, ob sie von Amazon oder unseren Verkaufspartner:innen stammen. Jeder Verkaufspartner hat seinen eigenen Preis, Versandgebühren, Lieferversprechen und Rückgabe-Regeln. Wenn es mehrere Anbieter für ein Produkt gibt, zeigen wir das beste dieser Angebote prominent auf der Webseite an, in der so genannten „Buy Box“. Meistens stammen die Angebote dort von unabhängigen Verkaufspartnern.

Bevorzugt Amazon sich selbst?

In die Algorithmen, die die Reihenfolge der Suchergebnisse bestimmen, gewährt das Unternehmen keinen Einblick. Deshalb ist es fast unmöglich, nachzuvollziehen, wie Amazon seine eigenen Produkte platziert.

Das Team von The Markup berichtet aber von zahlreichen Einzelfällen, in denen diese Behauptung wenig plausibel erscheint. So sei beispielsweise ein Müsli der Amazon-Marke Happy Belly im Test weiter oben erschienen als vergleichbare Produkte mit besseren und zahlreicheren Bewertungen.

Insgesamt hatten die Journalist:innen die Suchergebnissen von fast 3.500 Produkten analysiert. In sechzig Prozent der Fälle sei der erste Platz in der Liste als Werbeplatz verkauft worden. In zwanzig Prozent der Fälle ging der erste Platz an ein Amazon-Produkt, in den restlichen zwanzig Prozent an eines der Konkurrenz. Amazon-Marken und solche, die exklusiv über Amazon vertrieben werden, machten aber nur sechs Prozent aller Produkte aus.

Im Visier des Bundeskartellamts

Zusätzlich fand das Team heraus, dass in einem Viertel aller Fällen, in denen Amazon-Produkte den ersten Platz bekamen, die Konkurrenz bessere und zahlreichere Bewertungen hatte. Nicht alle Produkte, die von Amazon-Marken stammen, seien vom Amazon-Filter „Unsere Marken“ erkannt worden.

Das lässt sich nicht eins zu eins auf das deutsche Amazon-Angebot übertragen. Alle Kund:innen bekommen außerdem unterschiedliche Empfehlungen, basierend auf den Daten, die Amazon von ihnen sammelt. Doch das Beispiel von „Iris & Lilly“ zeigt, dass das auch in Deutschland denkbar ist.

Amazons Gebahren beschäftigt unterdessen auch das Bundeskartellamt. Im Zuge der Einführung neuer Vorschriften für Digitalkonzerne prüft die Behörde, ob Amazon seine Marktmacht über Gebühr ausnutzt. Viele Händler können sich nicht gegen die Bedingungen wehren, die Amazon diktiert, da sie von den Einnahmen abhängig sind, die sie über die Plattform erzielen. Da Amazon aber gleichzeitig den digitalen Marktplatz betreibt und eigene Produkte darüber verkauft, besteht ein Interessenkonflikt für den Konzern.


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