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Intime Einblicke: Österreich macht Jobsuchende nackt

Arbeitsmarktservice

Mit äußerst intimen Fragen wird in Österreich die Arbeitsfähigkeit von Jobsuchenden untersucht. Diese sollen Auskunft über persönliche Einstellungen, Charaktermerkmale und die eigene Gesundheit geben – gefragt wird dabei auch nach Geburtsfehlern, psychischen Problemen und Geschlechtskrankheiten. Das berichten die österreichischen Medien Die Woche mit Johanna Jaufer und ZackZack.

Rund 270 Fragen sollen Arbeitssuchende im Rahmen des Projektes „JobImpuls“ des österreichischen Arbeitsmarktservice (AMS) über sich ergehen lassen. Sie fließen in eine Auswertung ein, die die deutsche Firma Jobnet.AG im Auftrag des AMS erstellt und bei sich speichert. Zehntausenden Arbeitssuchenden, die in ausgelagerten Beratungsstellen betreut werden, dürfte der Fragebogen bislang bereits vorgelegt worden sein.

Während der AMS betont, die Beantwortung der persönlichen Fragen passiere freiwillig, schildern Betroffene nach den Berichten, auf sie sei Druck zur Beantwortung ausgeübt worden. Zwischen eher harmlosen Fragen sind auch solche eingestreut, die tief in den höchstpersönlichen Lebensbereich der Betroffenen eingreifen. Hier ein Auszug der Fragen:

134. Psychische Erkrankungen: schwere psychische Erkrankungen (z. B. schwere Depressionen, Psychosen, Verwirrtheit, Halluzinationen)
135. leichte psychische Störungen oder Probleme (z. B.: leichte Depressionen, Angespanntheit, Angstzustände, Schlaflosigkeit)
[…]
146. Geschlechts- oder Harnwegserkrankungen: Harnwegserkrankungen
148. Geschlechts- oder Harnwegserkrankungen: Krankheit der Geschlechtsorgane (z. B. Eileiterinfektion bei Frauen oder Prostatainfektion bei Männern)
149. Geschlechts- oder Harnwegserkrankungen: andere Geschlechts- und Harnwegserkrankungen
[…]
180. Ohne gute Beziehungen bekommt man auch nicht die richtig guten Jobs.
184. Gelegentlich bediene ich mich auch schon mal einer Notlüge.

AMS-Chef über Fragen verwundert

Nach der Veröffentlichung betonte AMS-Chef Johannes Kopf, er teile die Verwunderung über einzelne Fragen des Tests. „Wir werden die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit des Einsatzes überprüfen und uns bei den AMS-Trägern auch vergewissern, dass die Freiwilligkeit einfach verständlich, klar kommuniziert und sichergestellt wird“, schrieb Kopf auf Twitter.

Das AMS betont, die Ergebnisse des Fragebogens würden ausnahmslos zwischen den Arbeitssuchenden und ihren Berater:innen besprochen. Sie sollten dabei helfen, „realistische Ziele zum beruflichen Wiedereinstieg zu definieren.“ Die Daten würden dem AMS nicht vorliegen, die Berater:innen bekämen nur die Auswertung zu sehen.

Bei Experten löste der Fragebogen dennoch Bedenken aus. Der Datenschützer Andreas Krisch sagte ZackZack, wenn nicht klar vermittelt werde, dass der Fragebogen freiwillig sei, dann sei die datenschutzrechtliche Einwilligung nicht gegeben und die Fragen unzulässig. Auch der Arbeitsrechtler Martin Risak zweifelt daran, dass der Fragebogen rechtlich zulässig ist: „Wofür brauche ich diese umfangreichsten Gesundheitsdaten, die weit über das hinausgehen, was ein Arzt in einer Grundanamnese machen würde?“


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