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Druck vom Bundesdatenschutzbeauftragten: Facebook-Seiten der Bundesbehörden sollen in die Tonne

Drei bunte Mülltonnen stehen nebeneinander.

Der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) nimmt die aktuellen Enthüllungen rund um Facebook zum Anlass, um erneut Bundestagsabgeordnete und Bundesbehörden aufzufordern, ihre Fanpages auf Facebook zu löschen. Die Parteien reagieren darauf unterschiedlich.

In den vergangenen Wochen sind durch die Whistleblowerin Frances Haugen brisante interne Dokumente bei Wall Street Journal veröffentlicht worden. Danach ist Haugen an die Öffentlichkeit getreten und beschuldigt Facebook unter anderem, dass es Menschen- und Organhandel auf der Plattform zulasse und durch eigene Mechanismen die Impfskepsis verstärke. Außerdem gehe Facebook nur gegen drei bis fünf Prozent der Hassrede vor, so die ehemalige Produktmanagerin.

„Zeitnahes Abschalten der Fanpage“

Der Datenschutzbeauftragte Kelber hat auf die Facebook-Skandale reagiert, indem er die Bundesregierung sowie Behörden dazu drängte, ihre Facebook-Fanpages zu löschen. Ulrich Kelber sagte gegenüber dem Handelsblatt, dass es neben dem Datenschutz „offensichtlich noch einige andere Problemfelder“ gäbe, die für ein zeitnahes Abschalten der Fanpages sprächen. 

Kelber hatte bereits im Mai 2019 in einem Rundschreiben an alle obersten Bundesbehörden klargestellt, dass die Nutzung der Facebook-Seiten nicht der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) entspreche. Der Datenschutzbeauftragte forderte, dass die Bundesbehörden „eine Vereinbarung mit Facebook zur gemeinsamen Verantwortlichkeit“ schließen sollen. Daraufhin ergriff das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA) die Initiative und sprach mit Facebook über die genannten Datenschutzbedenken.

Facebook kommt Pflichten nicht nach

Zwar hat Facebook dem BPA im Oktober 2019 das bekannte „Page Controller Addendum“ übersandt und stellte damit klar, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung auf beiden Seiten liege, allerdings ist das aus Sicht der Datenschutzbehörden „weiterhin unzureichend“. So steht es in einem Schreiben, das Ulrich Kelber im Juni versandt hatte.

Bereits im Sommer 2018 hatte der Europäischer Gerichtshof entschieden, dass die Betreiber:innen der Fanpages gemeinsam mit Facebook für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten verantwortlich sind. Das bedeutet, dass beide Parteien ihren Pflichten im Bereich Datenschutz nachkommen müssen – ansonsten ist die Fanpage nicht datenschutzkonform. Diesen Pflichten kommt Facebook aber nicht nach, lautet die Kritik von Kelber. Er schreibt, dass sich Facebook zu keinen Änderungen an seiner Datenverarbeitung bereit zeige.

Angekündigte Konsequenzen

Für den Datenschutzbeauftragten ist es unter diesen Umständen nicht mit der DSGVO vereinbar, dass Bundesbehörden weiterhin Fanpages auf der Plattform betreiben. Ulrich Kelber kündigt in seinem aktuellen Rundschreiben Konsequenzen an, wenn bis Ende des Jahres die Fanpages nicht freiwillig gelöscht sind. Er werde sonst Artikel 58 der Datenschutz-Grundverordnung heranziehen, worunter etwa Geldbußen fallen. 

Während Thomas Jarzombek von der CDU gegenüber dem Handelsblatt das Vorgehen des Datenschutzbeauftragten kritisiert, stellt sich die SPD hinter die Entscheidung Kelbers. Der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann meint: „Ich bin sehr verärgert, dass es offenbar vonseiten des Unternehmens kein Interesse an einer Lösung gibt“. Auch die Grünen sehen Facebook in der Verantwortung und haben bereits 2018 eine Klage gegen den Konzern eingereicht. Damit möchten sie Facebook zwingen, seinen Pflichten nachzukommen. Eine Entscheidung des Gerichts steht allerdings noch aus.

Enormer Verlust an Reichweite

Momentan haben über eine Million Personen die offizielle Facebook-Fanpage der Bundesregierung abonniert. Wenn die Bundesregierung die Fanpage löscht, geht ihr damit digitale Reichweite verloren. 

Die Facebook-Fanpage der Bundesregierung. (Screenshot)

Immer mehr Menschen nutzen durch die Corona-Pandemie Soziale Medien als Nachrichtenquelle. Auch die Bundesregierung nutzt ihre Facebook-Fanpage, um Nachrichten und Mitteilungen zu verbreiten. So versucht sie etwa mit Aufklärungsserien wie #Impfwissen gegen Desinformation über das Coronavirus und Schutzimpfungen vorzugehen.

Neben Facebook prüft Ulrich Kelber auch andere Apps auf mögliche Datenschutzverstöße. Unter die Prüfung fallen Instagram, TikTok und Clubhouse. Zwar ist die Untersuchung noch nicht beendet, aber schon jetzt zeigen sich laut Kelber „datenschutzrechtliche Defizite“. Deswegen sollen Beamte und Abgeordnete diese Apps vorerst nicht von dienstlichen Geräten nutzen. Vom Nachrichtendienst WhatsApp hat Kelber Bundesbehörden und Bundesministerien schon im April 2020 abgeraten.


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