Ticker

6/recent/ticker-posts

Ad Code

Responsive Advertisement

Überwachung: Bundeskriminalamt soll Pegasus-Trojaner gekauft haben

BKA-Chef Holger Münch

Das Bundeskriminalamt (BKA) soll nach Recherchen von NDR, WDR, Süddeutscher Zeitung und Die Zeit Ende 2019 eine Spionagesoftware bei der israelischen Firma NSO Group beschafft haben. Es soll sich um eine modifizierte Version des Staatstrojaners „Pegasus“ handeln. Laut Tagesschau.de soll am heutigen Dienstag der Innenausschuss des Deutschen Bundestages darüber unterrichtet werden.

Ende Juli hatte eine großangelegte Recherche von Amnesty International und zahlreichen Medienhäusern gezeigt, wie Pegasus in elf Ländern eingesetzt wurde. Auch Aktivist:innen, Oppositionelle, Journalist:innen, Politiker:innen und Rechtsanwält:innen wurden mit Pegasus überwacht. Die Recherchen über den Missbrauch hatten einen weltweiten Aufschrei und heftige Kritik an der Überwachungsindustrie ausgelöst.

Mit Pegasus können Anrufe, E-Mails, SMS und verschlüsselte Chats mit Signal, WhatsApp oder anderen Messengern mitgeschnitten werden. Der Trojaner kann Fotos und Videos auf dem Handy durchsuchen und Passwörter auslesen. Pegasus ist auch zur Raumüberwachung tauglich, weil man mit dem Trojaner das Mikrofon und die Kamera des Geräts einschalten kann. Darüber hinaus lässt sich mit dem Trojaner die exakte Position des Handys orten.

Ende 2019 in Geschäft gekommen

Bislang war bekannt, dass das BKA im Jahr 2017 das erste Mal mit der NSO Group in Kontakt war. Damals ließ sich die Behörde den Staatstrojaner vorführen und hatte laut Berichten Bedenken wegen der zu weitgehenden Fähigkeiten des Spionageprogramms. Stattdessen versuchte man sich in Deutschland auch an der Eigenentwicklung eines Staatstrojaners.

Nun berichtet Zeit Online:

Offenbar entschied sich das BKA angesichts der mageren Bilanz dafür, neben der Eigenentwicklung doch auf NSOs Superwaffe Pegasus zurückzugreifen. Dem Vernehmen nach soll das BKA ab Ende 2019 mit NSO ins Geschäft gekommen sein. Nach Informationen der ZEIT bestanden die deutschen Beamten darauf, dass nur diejenigen Funktionen freigeschaltet werden, die mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes vereinbar sind.

Vorgang als „geheim“ eingestuft

Wie genau die Funktion des eingekauften Staatstrojaners eingeschränkt wurde, ist bisher unbekannt. Wie Tagesschau.de berichtet, ist der gesamte Vorgang als „geheim“ eingestuft. Mit dem Vorgang betraute Personen sagten, das BKA habe eine modifizierte Version gekauft. Die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) soll nicht in die Beschaffung involviert gewesen sein.

Darüber hinaus gibt es noch keine Informationen, ob, wie oft, wann und gegen wen Pegasus bislang eingesetzt wurde. Keine der bekannten Anfragen dazu beantwortete die Bundesregierung. Gegenüber den Linken-Politikerin Martina Renner antwortete die Bundesregierung, das Informationsrecht der Bundestagsabgeordneten müsse hinter den „staatswohlbegründeten Geheimhaltungsinteressen ausnahmsweise zurückstehen“. Eine Informationsfreiheitsanfrage von netzpolitik.org zum Thema lehnte das Bundeskriminalamt wegen „Geheimhaltungsinteressen“ und einer angeblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ab.

Der Einsatz von Staatstrojanern wurde immer wieder ausgeweitet. Schon 2017 hatte die Große Koalition der Polizei ihren Einsatz bei vielen Straftaten erlaubt. Im Jahr 2020 hatten Union und SPD den Einsatz von Staatstrojanern für alle deutschen Geheimdienste erlaubt. Gleichzeitig laufen mehrere Verfassungsbeschwerden auf Bundes- und Länderebene gegen die Überwachungswerkzeuge.


Hilf mit! Mit Deiner finanziellen Hilfe unterstützt Du unabhängigen Journalismus.

Enregistrer un commentaire

0 Commentaires