Seit dem 2. August gibt es den Personalausweis nur noch, wenn man zwei Fingerabdrücke abgibt. Gescannt werden auf dem Amt der linke und der rechte Zeigefinger, die dann nach Auskunft des Bundesinnenministeriums (BMI) nur auf dem RFID-Chip des Ausweises gespeichert werden sollen. Beschlossen wurde das Gesetz schon im November vergangenen Jahres. Die alten Personalausweise behalten allerdings bis zu ihrem Ablaufdatum ihre Gültigkeit.
Bislang waren Fingerabdrücke nur auf Reisepässen verpflichtend. Der Besitz eines Personalausweises oder Reisepasses ist in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Wer kein gültiges Dokument besitzt, kann mit bis zu 3.000 Euro bestraft werden. Laut dem Handelsblatt sind die Bußgelder aber in der Regel zwischen 10 und 40 Euro angesetzt.
„Nicht angemessen“
Das BMI sagt, dass die Fingerabdrücke nach Herstellung und Aushändigung des neuen Ausweises „sowohl beim Hersteller als auch in der Behörde gelöscht“ würden. Außerdem könnten nur Sicherheitsbehörden der EU-Staaten die biometrischen Merkmale „für Identifizierungszwecke“ auslesen und das nur, „wenn Zweifel an der Identität nach Lichtbildabgleich“ vorhanden seien. Andere Länder hätten keinen Zugriff auf die Fingerabdruckdaten.
Das Netzwerk Datenschutzexpertise hatte in einem Gutachten (PDF) das deutsche Gesetz und die Vorgabe der EU als zu weitgehend kritisiert. Wenn man schon das Gesicht einer Person habe, sei ein zweites Merkmal wie der Fingerabdruck nicht erforderlich. Alternativ hätte die weniger invasive Augeniris genommen werden können, die eine geringere Missbrauchsgefahr habe. Die Datenschützer kritisieren auch, dass man zwei statt einem Fingerabdruck abgeben müsse.
Angesichts einer geringen Zahl von Fällen, bei denen mit Hilfe des Fingerabdrucks eine schnelle Beseitigung von Identitätszweifeln möglich sei, sei es nicht angemessen, eine Verpflichtung für über 300 Millionen EU-Bürger auszusprechen, ihre Fingerabdrücke abzugeben.
Auch die Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage kritisiert die neue Pflicht: „Mit dem Zwang zur Speicherung von Fingerabdrücken werden rechtstreue Bürgerinnen und Bürger beinahe so behandelt wie Verdächtige“, sagt Friedemann Ebelt von Digitalcourage. Es gäbe keinen legitimen und zwingenden Grund, pauschal die ganze Bevölkerung zur Abgabe von zwei Fingerabdrücken zu zwingen.
Verschärfung auch bei Passbildern
Dass einmal eingeführte verpflichtende biometrische Merkmal schnell einer Entgrenzung ihrer Nutzung unterworfen werden können, zeigt das Beispiel der biometrischen Passbilder. Im Gegensatz zu den nach Auskunft des Bundesinnenministerium nur auf dem Dokument gespeicherten Fingerabdrücken, ist es heute schon erlaubt, dass biometrische Passbilder von Polizeibehörden und auch Geheimdiensten bei den Meldeämtern abgerufen werden können.
Diesen Datenabruf will die Bundesregierung nun auch technisch noch einfacher machen. Schon bei der Einführung des Gesetzes zum Passbildabruf im Jahr 2017 war Kritik laut geworden, dass so eine bundesweite Passbilddatenbank aufgebaut werden könne. Im Mai dieses Jahres hatte die Bundesregierung dann den Ländern erlaubt, dass diese zentralisierte Biometriedatenbanken aufbauen dürfen. Der automatische Abruf von Passbildern ist auch im Hinblick auf den Einsatz von Gesichtserkennungssystemen relevant.
Ab dem Jahr 2025 dürfen Antragsteller auch keine eigenen Passbilder mehr mitbringen. Die Ausweisbilder werden dann nur noch vor Ort im Amt oder durch registrierte Fotostudios aufgenommen. Das soll verhindern, dass Bürger:innen die Bilder bearbeiten, um die Merkmale der Gesichtsbiometrie zu verfälschen oder Gesichter mit sogenanntem Morphing bearbeiten. Eine Debatte um das Morphing hatte damals das Peng-Kollektiv ausgelöst. Bei der Aktion wollte das Kommunikationsguerilla-Kollektiv eigentlich auf die Gefahren der Gesichtserkennung hinweisen, erreichte aber das Gegenteil: eine Verschärfung der Regeln.
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