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Neues aus dem Fernsehrat (78): ARD und ZDF verschränken Mediatheken zu einem Streaming-Netzwerk

Pressekonferenz zur Verkündung des Streaming-Netzwerks von ARD & ZDF

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

Es ist ein großer Wurf. In einer gemeinsamen Pressekonferenz verkündeten eben gerade der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow und ZDF-Intendant Thomas Bellut die Etablierung eines gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Streaming-Netzwerks.

Im Kern wird damit die Entwicklung des technischen Unterbaus der bislang getrennten Mediatheken von ARD und ZDF zusammengeführt. Damit einher geht eine integrierte Suchfunktion, Austausch von Nutzungsdaten und die Möglichkeit, ARD- und ZDF-Inhalte nahtlos miteinander zu verknüpfen. Der 2019 von Thomas Bellut und dem damaligen ARD-Vorsitzenden Ulrich Wilhelm versprochene gemeinsame öffentlich-rechtliche „Kosmos“ wird damit von der Vision zum konkreten Arbeitsauftrag.

Das ist eine richtige Entscheidung. Die Parallelentwicklung von Mediathek-Software und inkompatible Datenstandards ließen sich schon lange nicht mit den Prinzipien von Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Effizienz vereinbaren. 

Keine Supermediathek

Startseite der ZDF-Mediathek mit ARD-Inhalten
Beispielhafte Integration von ARD-Inhalten auf der Startseite der ZDF-Mediathek

Es ist keine „Supermediathek“. Ganz bewusst wird von einem Streaming-Netzwerk gesprochen, weil die Portale der Anstalten weiterhin getrennt bleiben werden. Aus Perspektive von (Binnen-)Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Kontext ist das Fortbestehen verschiedenere öffentlich-rechtlicher Portale und eigenständiger Mediathek-Redaktionen durchaus wünschenswert. Gerade weil es in Zukunft von großer Bedeutung sein wird, welche Inhalte wie prominent auf der Startseite von Mediatheken und Apps präsentiert werden, sowie welche Inhalte automatisch oder redaktionell empfohlen werden. 

In der Presse-Konferenz betonte Eckart Gaddum, Leiter der Hauptredaktion Neue Medien im ZDF, dementsprechend auch, dass die Entwicklung von Personalisierungs- und Empfehlungsalgorithmen weiterhin getrennt vorangetrieben wird. Da gleichzeitig Nutzungsdaten ausgetauscht werden und insofern diese Entwicklung auf Basis von offenem Quellcode betrieben wird, ist damit das Potenzial für steilere Lernkurven bei „demokratischen Algorithmen“ verbunden, die nicht nur Reichweite optimieren. 

Nächste Herausforderungen: Open Source und Interaktion

Im Telemedien-Ausschuss des Fernsehrats wurde, soviel darf ich trotz Vertraulichkeit wohl sagen, die Entscheidung zur Integration der Mediatheken einhellig begrüßt. Gleichzeitig habe ich dort auf zwei Punkte gedrängt, die am besten bereits im Zuge der jetzt anstehenden Neuordnung der Mediathek-Entwicklung in Angriff genommen werden sollten.

Nicht nur, weil öffentlich-rechtliche Mediatheken öffentlich finanziert sind, sollten ihre Mediatheken soweit irgendwie möglich auf Basis von freier Open-Source-Software entwickelt werden. Mit einem Open-Source-Ansatz verbunden wäre automatisch eine Europäisierung, quasi ein Angebot zur Kooperation unter den klaren und offenen Regeln von Open-Source-Softwareprojekten. Denn dann würde es auch anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten wie der SRG in der Schweiz oder dem ORF in Österreich (der seit Jahren an einem „ORF-Player“ arbeitet) einfacher möglich, sich an einer gemeinsamen technischen Plattform zu beteiligen. 

Außerdem müssen die Mediatheken interaktiver werden. Wie der Medienwissenschaftler Hermann Rotermund kürzlich in einem Gastbeitrag bei epd medien argumentiert hat, sollten sich die Mediatheken in Gestaltung und Funktionalität weniger stark am Vorbild Netflix und mehr am „Modell YouTube“ orientieren. Gerade für öffentlich-rechtliche Medienangebote, die sich Vielfalt und Zusammenführung in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft auf die Fahnen schreiben, braucht es dringend Rückkanäle und Möglichkeiten für Nutzer:innenbeiträge.


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