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Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“: Tröpfelnder Geldhahn für Deutschlands Schulen

Über eine Milliarde Euro sollten eigentlich im Jahr 2020 an Schulen in Deutschland fließen, um ihre kränkelnde digitale Infrastruktur zu verbessern. Spätestens die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, dass es an Laptops für Lehrer:innen und Schüler:innen mangelt, an Breitbandverbindungen oder einfach nur an dienstlichen E-Mail-Adressen.

An dieser Summe für den Digitalpakt Schule hielt das Bundesministerium für Bildung und Forschung noch im September fest. Letztlich sind bei den Schulen aber nur rund 112 Millionen Euro angekommen. Das geht aus einem Bericht des Bundesfinanzministeriums zum Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ hervor, den wir an dieser Stelle veröffentlichen.

Warten auf digitale Tafeln

So will etwa das Saarland seine Schulen mit Netzwerktechnik wie WLAN ausrüsten, neue Präsentationstechniken wie digitale Tafeln anschaffen und alte Desktop-PCs ersetzen. Vom Bund gab es dafür bislang aber bloß knapp 57.000 Euro aus dem Digitalpakt und rund 313.000 Euro aus der Zusatz-Verwaltungsvereinbarung „Sofortausstattungsprogramm“.

„Der Mittelabfluss aus dem Digitalpakt Schule ist miserabel und angesichts der Planzahlen aus dem Ministerium nahezu grotesk“, sagt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik der grünen Bundestagsfraktion. Schon vor der Pandemie hatte das milliardenschwere Programm mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen. Ein „Rohrkrepierer“, sagt Deligöz.

Aufgestocktes Programm

Dem Digitalpakt wurde 2018 das Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ zur Seite gestellt. Mit den inzwischen mehr als sieben Milliarden Euro soll IT-Administration und -Support gefördert, digitale Lehr-Lern-Infrastrukturen aufgebaut und digitale Endgeräte wie Laptops und Tablets angeschafft werden. Hinzu kommen Mittel aus dem Bundesverkehrsministerium, um alle Schulen mit zeitgemäßen Internetanschlüssen auszustatten.

Auch das lässt weiter auf sich warten. Zwar wurden aus dem Sondervermögen in den letzten beiden Jahren knapp 3,5 Milliarden Euro für den Breitbandausbau bewilligt, bis Ende 2020 wurden jedoch nur rund 7,6 Millionen Euro ausbezahlt. Das war allerdings zu erwarten: Wie bei sonstigen Ausbauprojekten des Bundes ziehen mehrere Jahre ins Land, bis substanziell Geld fließt.

„Der geringe Mittelabfluss aus dem Sondervermögen erklärt sich daraus, dass diese Projekte erst nach und nach in die Umsetzungsphase kommen“, sagt ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Deshalb zeige sich der Programmerfolg in Indikator „Mittelauszahlung“ bei großen Infrastrukturprojekten erst mit Zeitverzug.

Langsame Erfolge

Tatsächlich hat das Verkehrsministerium seit 2015, als es das Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau vorgestellt hatte, inzwischen rund 1,2 Milliarden Euro ausgezahlt, sagt der Sprecher – über die Hälfte davon im Jahr 2020. Bis zum Sommer des Vorjahres waren es insgesamt nur 570 Millionen Euro, die bei den Ausbauprojekten angekommen sind.

Den Grünen geht das trotzdem nicht schnell genug. Zunächst habe die Bundesregierung durch die jahrelange Duldung und Förderung der fortschrittsfeindlichen Vectoring-Technik wertvolle Zeit und viel Geld vergeudet, statt von Beginn an geeignete Rahmenbedingungen für schnellere und zukunftssichere Technologien wie Glasfaser bereitzustellen, sagen die grünen Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler und Margit Stumpp in einer gemeinsamen Stellungnahme an netzpolitik.org.

Update könnte helfen

Das hat sich nach dem Abgang des glücklosen Alexander Dobrindt mittlerweile geändert. Als leichtfüßig gilt die Förder- und Ausbaupraxis jedoch weiterhin nicht, zudem fehlt ein langfristiges Konzept, das Breitband- und Mobilfunkausbau zusammendenkt. Mit der strauchelnden Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft, die ihre Arbeit immer noch nicht aufgenommen hat, wartet schon die nächste Bruchlandung auf Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

„Seit Jahren weisen wir darauf hin, dass das Bundesförderprogramm ein Update benötigt“, sagen die Abgeordneten der Grünen. Dies beginne beim bürokratischen Aufwand und den Genehmigungsengpässen in den kommunalen Verwaltungen und ende bei der Lösung fehlender Baukapazitäten. „Zudem könnte die Erhöhung der Akzeptanz alternativer Verlegetechniken, wie Trenching, den Glasfaser-Ausbau enorm beschleunigen“.


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