Ticker

6/recent/ticker-posts

Ad Code

Responsive Advertisement

Mecklenburg-Vorpommern: AfD-Fraktion engagierte Firma hinter Desinformationsportal

Auch bei einer anonymen Kampagnenseite, die eine Richterin am Landesverfassungsgericht angreift, spielt NNC eine undurchsichtige Rolle.

Die AfD-Fraktion im mecklenburg-vorpommerschen Landtag steht wegen ihrer Nähe zu der Beratungsfirma zweier Österreicher in der Kritik. Eine Recherche von netzpolitik.org hatte ergeben, dass sie New Network Communications (NNC) engagiert hat. Politisch heikel macht die Verbindung vor allem, dass die Agentur mit angeblichem Sitz in Großbritannien auch die rechte Desinformationswebsite „Unser Mitteleuropa“ betreibt.

„Vertrauen Sie Profis!“ – unsere Recherche zu NNC - Alle Rechte vorbehalten netzpolitik.org

In seinen Artikeln hetzt das Portal gegen Geflüchtete und verbreitet Zweifel am Klimawandel und an Coronaimpfungen. Der Rechtsextremismusforscher Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands sagte, „Unser Mitteleuropa“ sei „an der Grenze zum Neonazismus angesiedelt“. Die AfD-Fraktion im Landtag von Schwerin nimmt die Dienste der Betreiberfirma trotzdem in Anspruch.

„Der Schulterschluss zwischen der hiesigen AfD-Fraktion und einer ominösen Briefkastenfirma, welche zum Ziel hat, Unwahrheiten in die Welt zu setzten, wäre nicht überraschend“, sagte Simone Oldenburg, Vorsitzende der Linksfraktion, gegenüber netzpolitik.org. „Desinformation und alternative Wahrheiten gehören auch ins Repertoire der AfD-Landtagsfraktion.“

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion Wolfgang Waldmüller sagte, er könne eine Verbindung zwischen der AfD-Fraktion und NNC zwar nicht einschätzen, eine solche würde allerdings niemanden wundern. „Jedermann weiß, dass die AfD Rechtsradikale beziehungsweise Rechtsextremisten in ihren Reihen hat. Bekannt ist auch, dass die AfD und ihr nahe stehende Personen im Internet sehr umfangreiche Aktivitäten entfalten.“

Erhielt NNC deutsche Steuergelder?

Fest steht, dass sich die AfD-Fraktion von der Beratungsfirma ihre Website gestalten ließ. Ob es wirklich dabei blieb, ist nicht bekannt. Doch es gibt Anzeichen, dass die Verbindung zwischen NNC und der Fraktion über bloßes Webdesign hinaus gehen könnte.

Eine inhaltliche Auswertung ergab, dass „Unser Mitteleuropa“ AfD-Anliegen aus Mecklenburg-Vorpommern in seinen Artikeln auffällig häufig thematisiert. Zudem betreibt NNC nach Recherchen von netzpolitik.org verdeckt eine Kampagnenwebsite, die Barbara Borchardt, Richterin am Landesverfassungsgericht, scharf angreift und Verschwörungserzählungen verbreitet.

Hinter der Londoner Politberatungsfirma verstecken sich zwei Österreicher
Österreichs Klimaschutzministerium hat auf unsere Recherche reagiert und einen Pressereferenten freigestellt. - Alle Rechte vorbehalten netzpolitik.org

Die AfD-Fraktion und ihr Vorsitzender Nikolaus Kramer wollten auf Anfrage nicht beantworten, ob dies in ihrem Auftrag geschieht. Auch ließen sie offen, wie viel Geld die Fraktion den Hintermännern von „Unser Mitteleuropa“ bezahlt habe und ob sie dafür auf Fraktionsmittel zurückgegriffen habe.

Die Vorsitzende der Linksfraktion Simone Oldenburg fordert Aufklärung. „Sollten Steuergelder gezielt in anonyme Hetzkampagnen fließen, wäre das ein Fall für den Landesrechnungshof und muss entsprechend geahndet werden.“

Offenbar beschäftigt sich nun auch der Geheimdienst mit „Unser Mitteleuropa“ und seinen Hintermännern. Eine Sprecherin des Landesinnenministeriums teilte auf Anfrage mit, der Landesverfassungsschutz prüfe den „mitgeteilten Sachverhalt“ im Hinblick auf „sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht“.

In einigen Fällen hat „Unser Mitteleuropa“ auch Pressemitteilungen von AfD-Organen außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns unverändert übernommen, als handelte es sich bei diesen um unabhängige journalistische Berichterstattung. Wie netzpolitik.org nachvollziehen konnte, bewarb das Portal zudem eine Pressemitteilung in Form einer bezahlten Anzeige auf Facebook, die von der Bundesgeschäftsstelle der Partei verfasst worden war. Diese hat auf unsere Anfrage nicht reagiert.

Die beiden Eigentümer der Betreiberfirma NNC wollten unsere Fragen nicht beantworten. Einer der beiden Männer arbeitete vergangene Woche noch als Pressereferent im österreichischen Klimaschutzministerium. Er wurde dort seither freigestellt.


Hilf mit! Mit Deiner finanziellen Hilfe unterstützt Du unabhängigen Journalismus.

Enregistrer un commentaire

0 Commentaires