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EU-Parlament: Ja zur freiwilligen Chatkontrolle – für ein Jahr

Die von der EU geplante Chatkontrolle liegt auf Eis. Damit Konzerne weiterhin freiwillig Chats kontrollieren dürfen, will die EU eine zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung verlängern. Kommission und Rat haben sich bereits positioniert. Auch ein Entwurf aus dem Parlament will die Verlängerung.

Birgit Sippel spricht in ein Mikrofon
Birgit Sippel von der SPD ist die zuständige Berichterstatterin des EU-Parlaments für die Verlängerung der freiwilligen Chatkontrolle. CC-BY-ND 2.0 Birgit Sippel

Mit den Plänen einer Chatkontrolle auf Anordnung wird es vor der EU-Wahl im Juni wohl nichts mehr, denn die Mitgliedstaaten im Rat können sich nicht einigen. Daher brachte die EU-Kommission eine Verlängerung der freiwilligen Chatkontrolle auf den Weg. Der Rat hat sich bereits dazu positioniert, das Parlament steht kurz vor einer Einigung.

Es geht darum, dass Anbieter wie Meta und Microsoft weiterhin aus eigenem Antrieb die Inhalte ihrer Nutzer:innen scannen dürfen. Das ermöglichte bisher eine Ausnahmeregelung von der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation, doch diese Ausnahme ist befristet bis zum August 2024. Nun soll sie verlängert werden. Zur Dauer der Verlängerung gibt es jedoch verschiedene Positionen: Die EU-Kommission möchte eine Dauer von zwei Jahren, der Rat drei Jahre. Im Parlament zeichnet sich nun die Forderung von einem Jahr ab.

So steht es im Entwurf einer Position, den die Berichterstatterin im Ausschuss für Inneres und bürgerliche Freiheiten (LIBE) verfasst hat, Birgit Sippel (SPD). Bis Montag können die Fraktionen Änderungsanträge einreichen. Der Ausschuss soll dem Piraten-Abgeordneten Patrick Breyer zufolge dann am 29. Januar darüber abstimmen. Danach können die finalen Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen beginnen.

Keine Grooming-Erkennung mehr?

Nicht nur die Dauer der Verlängerung möchte das Parlament eindampfen. Dem Entwurf von Sippel zufolge soll auch die Erkennung von sogenanntem Grooming wegfallen. Grooming bedeutet, dass Erwachsene zu Minderjährigen Kontakt anbahnen, beispielsweise um sie nach Nacktbildern zu fragen oder Treffen zu vereinbaren.

Trotz der Einschränkungen lehnt Breyer die geplante Verlängerung grundsätzlich ab: „Die Verordnung zur freiwilligen Chatkontrolle ist sowohl unnötig als auch grundrechtswidrig: Die sozialen Netzwerke als Hostingdienste brauchen zur Überprüfung öffentlicher Posts keine Verordnung. Dasselbe gilt für Verdachtsmeldungen durch Nutzer.“

Tatsächlich scheiterte eine Evaluierung der EU-Kommission aus dem Dezember 2023 daran, die Verhältnismäßigkeit der freiwilligen Chatkontrolle mit Daten zu belegen. „Die verfügbaren Daten reichen nicht aus, um diesbezüglich endgültige Schlussfolgerungen zu ziehen“, heißt es in dem Bericht. Dennoch hält sie an dem Instrument fest.

Im Juli 2023 reichte ein Betroffener von sexualisierter Gewalt gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte Klage gegen das freiwillige Scannen von Inhalten durch den Konzern Meta ein; konkret ging es um Inhalte des Chatprogramms Facebook Messenger. Ein Urteil dazu gibt es bisher nicht.


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