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eIDAS 2.0: Industrieausschuss des EU-Parlaments stimmt für digitale Brieftasche

Die europäische digitale Brieftasche rückt näher. Eine entsprechende Verordnung hat heute im Europaparlament eine Hürde genommen – ungeachtet der anhaltenden Kritik von Bürgerrechtsgruppen, Sicherheitsfachleuten und Datenschützer:innen.

Lederne Brieftasche
Lederne Brieftasche, ein Auslaufmodell? Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Ethan Rougon

Der Industrieausschuss des EU-Parlaments (ITRE) hat heute mit großer Mehrheit der eIDAS-2.0-Verordnung zugestimmt. Der Ausschuss bestätigt damit den Kompromiss, auf den sich EU-Kommission, der Ministerrat und das EU-Parlament am 8. November im Rahmen ihrer Trilogverhandlungen geeinigt hatten.

eIDAS 2.0 gilt als das größte digitalpolitische Projekt der Europäischen Union. Die Verordnung sieht vor, dass alle 27 EU-Mitgliedstaaten ihren Bürger:innen bis zum Jahr 2026 eine digitale Brieftasche anbieten, mit der diese sich dann on- wie offline in fast allen Lebensbereichen ausweisen können.

Geht es nach der Kommission, verfügen bis zum Jahr 2030 mindestens 80 Prozent der EU-Bevölkerung über eine solche „European Digital Identity Wallet“ (ID-Wallet).

Anhaltende Kritik von Datenschützer:innen

Bürgerrechtsgruppen und Datenschützer:innen warnen indes davor, dass Staaten durch die Wallet eine „panoptische Vogelperspektive“ erhielten.

Sie nennen vor allem zwei Gründe: Zum einen drohe die Reform eine technische Infrastruktur zu schaffen, die es theoretisch ermöglicht, EU-Bürger:innen on- wie offline massenhaft zu identifizieren und zu überwachen. Zum anderen könnten nicht nur öffentliche, sondern auch private Stellen – also etwa Unternehmen – die Wallet einsetzen und ihre Kunden damit potenziell umfassend überwachen.

Erst vor wenigen Tagen hatten mehr als 550 IT-Sicherheitsexpert:innen und dutzende Nichtregierungsorganisationen ihre Kritik an Artikel 45 des Verordnungsentwurfs bekräftigt. Er soll Browseranbieter dazu verpflichten, bestimmte qualifizierte Zertifikate (QWACs) zu akzeptieren, die einzelne EU-Mitgliedstaaten bereitstellen. Das aber könnte schwerwiegende Folgen für die Privatsphäre und die Sicherheit aller europäischen Bürger:innen und das Internet insgesamt haben, so die Mahnung der Fachleute und NGOs.

Verordnung tritt frühestens im Frühjahr 2024 in Kraft

Auch Patrick Breyer, EU-Abgeordneter der Piratenpartei, sieht das Vorhaben weiterhin kritisch. „Diese Verordnung ist ein Blankoscheck zur Online-Überwachung der Bürger und gefährdet unsere Privatsphäre und Sicherheit im Internet”, so Breyer. Auch er kritisiert, dass die neue Verordnung die Browsersicherheit untergrabe.

Obendrein drohe mit der Wallet eine Überidentifizierung, die das Recht auf anonyme Nutzung digitaler Dienste aushöhlt. Die Fraktion Breyers hat im ITRE-Ausschuss gegen den Entwurf gestimmt.

Die Verordnung muss im Februar 2024 noch im Plenum des Europaparlaments abgestimmt werden. Frühestens im nächsten Frühjahr könnte sie dann in Kraft treten.


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