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Bullshit-Busters: Für jedes Problem eine einfache Lösung

Wer soziale Probleme nur mit Technik lösen will, ist zum Scheitern verurteilt. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Dennoch müssen wir immer wieder daran erinnern. Ganz gleich, ob es um Netzsperren, digitale Gewalt oder den Umgang mit Geflüchteten geht. Das aber machen wir gern – auch dank Eurer Unterstützung.

Who you gonna call? Bullshit-Busters! Wir räumen auf mit Mythen, Lügen und falschen Versprechungen. Tagein, tagaus bekämpfen wir den Bullshit der digitalen Welt. Und wir kämpfen für Eure Grund- und Freiheitsrechte. In den kommenden Wochen berichten wir Euch in kurzen Beiträgen, welchen Bullshit wird dieses Jahr aufgedeckt und bekämpft haben. Hier beschreibt anna, was sie so richtig auf die Palme bringt: Wenn man alle Probleme der Welt allein durch Grundrechtseingriffe und Technik lösen will.

In der Hackerethik steht: „Computer können dein Leben zum Besseren verändern.“ Ich rufe mir bei meiner Arbeit immer wieder diesen Satz in Erinnerung. Denn manchmal kommt es mir so vor, als ob Technik vor allem dazu genutzt wird, persönliche Daten zu horten oder Menschen automatisch in Schubladen zu stecken. Oder dazu, schnelle Lösungen für Probleme zu präsentieren, die eigentlich ganz woanders liegen.

Zum Beispiel, wenn Ermittlungen nicht zuvorderst an fehlenden Daten scheitern. Sondern daran, dass Menschen wieder weggeschickt werden, wenn sie etwas anzeigen wollen. Oder dass Beamt:innen sich im Internet nicht gut genug auskennen, um ihre Möglichkeiten auszuschöpfen. Dann benötigen wir nicht mehr Befugnisse, mehr Technik, mehr von all den fancy Werkzeugen. Sondern wir brauchen zuallererst gut ausgebildete Menschen.

Daran zu erinnern, fühlt sich manchmal ein bisschen komisch und fast altmodisch an. Doch auch das gehört zur digitalen Welt: Sie vom Menschen her zu denken. Nur so kann sie den Menschen helfen, wo diese Hilfe brauchen. Gemeinwohlorientiert könnte man das nennen.

Dann können wir auch mehr Energie dafür aufwenden, das Leben nach unseren Bedürfnissen zu gestalten. Nicht wohlklingende Scheinlösungen präsentieren, wenn die Probleme viel tiefer liegen. Nicht nach dem Willen der Konzerne tanzen, die ihr Geld vermehren wollen. Oder nach der Alarmpfeife jener Politiker:innen, die zwischen echter und gefühlter Sicherheit kaum unterscheiden können. Auf ein besseres Leben, ob analog oder digital!

Diese drei Mythen haben meine Kolleg:innen und ich „gebustet“:

  • Mythos #1: „Gegen digitale Gewalt braucht es vor allem mehr Befugnisse.“ Betroffene von Bedrohungen und Beleidigungen im Netz sollen mehr Rechte bekommen und leichter an die Daten der Täter gelangen. Das Justizministerium hat Eckpunkte vorgelegt für ein Gesetz gegen digitale Gewalt. Dabei fallen jedoch viele Dinge unter den Tisch. Was ist eigentlich digitale Gewalt? Und warum umfasst das Gesetz auch wahrheitswidrige Restaurantkritiken? Wir haben nachgefragt, was Betroffene tatsächlich brauchen – und die Antworten fallen oft ganz anders aus als „mehr Befugnisse und Daten“: Es fehlt unter anderem an Geld für Beratungsstellen und an Beamt:innen, die Betroffene ernst nehmen. Wir nehmen das Problem ernst, und wir wünschen uns echte Lösungen.
  • Mythos #2: „Standardmäßig Handys auszuwerten geht schon klar.“ Seit Jahren recherchieren wir zu den digitalen Assistenzsystemen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die automatisierte Handyauswertung ist eins davon. Das BAMF erhofft sich Hinweise auf Herkunft und Identität, aber besonders nützlich ist das nicht. Dieses Jahr hat endlich ein Gericht festgestellt: Einfach mal auslesen ist nicht, solange auch mildere Mittel gibt. Und oft gibt es die, ganz ohne technische „Lösung“. Bullshit gebustet, alles gut? Mitnichten. Denn die Bundesregierung will diese Form der Ausspähung noch verschärfen.
  • Mythos #3: „Netzsperren helfen bei illegalen Inhalten im Netz.“ Netzsperren sind ein Dauerbrenner. Seit Jahren fordern Politiker:innen immer wieder, damit das Problem illegaler Inhalte im Netz zu „lösen“. Seien es Urheberrechtsverletzungen oder Darstellungen sexualisierter Gewalt. Das Problem ist nur: Weg sind die Sachen dann nicht. Sie sind nur nicht mehr so leicht aufrufbar. Noch dazu entsteht oft ein Kollateralschaden, wenn auch legale Inhalte vor den Nutzer:innen versteckt werden. Dass diese Bullshit-Lösung vom politischen Tablett verschwindet, erwarten wir nicht. Aber wir erklären auch gern noch dutzende Male, dass das keine gute Idee ist.

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Dieser Artikel ist Teil unserer diesjährigen Spendenkampagne Bullshit-Busters.


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