Die Bundespolizei überwachte eine Umweltaktivistin und schrieb sie zur Fahndung aus. Diese wehrte sich dagegen vor Gericht und bekam recht: Das Verwaltungsgericht Hannover hat beides als rechtswidrig eingestuft.
Eine zweiwöchige, verdeckte Observation der Umweltaktivistin Cécile Lecomte (auch bekannt als „Eichhörnchen“) war rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht Hannover (VG) am Mittwoch geurteilt. Ebenso wie auch die Ausschreibung Lecomtes zur Fahndung, was einen Eintrag in das Informationssystem INPOL und ein detailliert geführtes Bewegungsprofil zufolge hatte.
Die Bundespolizei hatte die Maßnahmen etwa damit gerechtfertigt, dass sich die erfahrene Kletteraktivistin bei den Aktionen verletzten könnte. Das reiche in keiner Weise als Begründung aus, sagte das Gericht. Weiter erläutert das VG, inwieweit die Maßnahmen gegen Cécile Lecomte nicht rechtens waren: Eine Fahndungsausschreibung dürfe auf Seiten der Polizei nur zu einer Sensibilisierung bei einer Kontrolle führen und nicht zu einer so weit umfassenden Sammlung und Speicherung so vieler persönlicher Daten.
Cécile Lecomte erfurt 2015 in einem anderen Verfahren, dass sie bereits einmal als polizeilich „relevante Person“ eingestuft worden war. Im Zuge von polizeilichen Ermittlungen wird das bei politisch motivierter Kriminalität genutzt. Nach einer Prüfung wurde diese Einstufung durch das LKA Niedersachsen wieder gelöscht.
Friedlich gegen Atomkraft und fossile Energieträger
Lecomte hatte bei ihren Aktionen aber stets darauf geachtet, friedlich zu protestieren. Sie demonstriert bereits seit vielen Jahren etwa gegen Atomkraft und die Nutzung fossiler Energieträger.
Cécile Lecomte, die mittlerweile auf einen Rollstuhl angewiesen ist, äußert sich zu dem Urteil auf ihrer Webseite und vertritt dieselbe Argumentation wie das Gericht:
[D]ie Polizei argumentiert einerseits mit meiner Erfahrung und Expertise und ‚herausgehobener Stellung‘ in der Protestszene. Sie behauptet anderseits, dass ich mich verletzen kann, weil ich Schwerbehindert bin. Das ist zutiefst ableistisch und Unsinn! Klettern will gelernt sein. Wer nicht klettern kann, sollte es lassen. Das gilt auch für Polizeibeamt*innen.
Sie stellt aus ihrer Sicht klar, dass Klettern etwas ist, was man lernen kann und nichts mit der körperlichen Verfassung zu tun hat. Das Urteil des VG Hannover ist noch nicht rechtskräftig.
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