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Politische Parteien: Noyb reicht Beschwerden wegen Microtargeting ein

Politische Parteien schalten auf Facebook regelmäßig Wahlwerbung und nutzen dafür auch sogenanntes Microtargeting. Bürgerrechtler:innen haben dagegen nun gleich mehrere Beschwerden beim Bundesdatenschutzbeauftragten eingereicht.

Drei Dartpfeile stecken in der Mitte einer liegenden Dartscheibe, dahinter unscharf eine Wand aus unscharfen Gesichtern
Microtargeting ohne Einwilligung der Nutzer:innen ist nicht erlaubt. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Panthermedia, Hintergrund: DiffusionBee

Die Datenschutzorganisation None of Your Business (noyb) hat beim Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) mehrere Beschwerden wegen politischen Microtargetings eingereicht. Unter Microtargeting versteht man zielgerichtete Werbung, die beispielsweise auf dem persönlichen Surfverhalten einzelner Nutzer:innen beruht.

Die noyb-Beschwerden nach Artikel 77 DSGVO richten sich gegen CDU, AfD, SPD, Grüne und die Linkspartei sowie gegen die Ökologisch-Demokratische Partei und gehen auf eine Recherche des ZDF Magazin Royale im April 2021 zurück. Damals hatte Jan Böhmermann in seiner Sendung Zuschauer:innen dazu aufgerufen, Microtargeting mit Hilfe einer Browser-Erweiterung aufzuzeichnen und die auf diese Weise gesammelten Daten an noyb zu spenden.

Noyb hat diese Daten analysiert und auf Datenschutzkonformität überprüft. Die Organisation kam dabei zu dem Ergebnis, dass die oben genannten Parteien Facebook während der Bundestagswahl im Jahr 2021 damit beauftragten, Nutzer:innen auf Grundlage sensibler Trackingdaten gezielt Wahlwerbung auszuspielen.

Die Marketingkampagnen richteten personalisierte, mitunter sich widersprechende Wahlversprechen an potentielle Wähler:innen der Parteien. Demnach wurde etwa FDP-Sympathisant:innen, die sich Facebooks Analysen zufolge für „grüne“ Politik interessierten, ein Werbespot angezeigt, in dem sich die Liberalen für mehr Klimaschutz einsetzen. Eine andere Zielgruppe erhielt hingegen die Botschaft, wonach es keine „staatlichen Maßnahmen, Freiheitsbeschränkungen oder Verbote“ geben dürfe, wenn es um „große Herausforderungen wie den Klimawandel“ gehe.

Politische Ansichten unterliegen besonderem Schutz

Laut Noyb ist diese Form des Microtargetings nicht rechtmäßig, weil die verwendeten Daten Informationen über politische Präferenzen der Nutzer:innen enthalten. Laut DSGVO gelten solche Daten als besonders sensibel und schützenswert. Parteien dürfen diese nur dann für Werbezwecke verwenden, wenn die Nutzer:innen zuvor ausdrücklich einwilligen, was in den untersuchten Fällen allerdings unterblieben sei.

Felix Mikolash, Datenschutzjurist bei noyb, äußert sich in einer Pressemitteilung zu den Beschwerden wie folgt: „Alle Daten über die politischen Ansichten einer Person werden durch die DSGVO besonders streng geschützt. Solche Daten sind nicht nur äußerst sensibel, sondern ermöglichen auch eine groß angelegte Manipulation von Wählern, wie Cambridge Analytica gezeigt hat.“

Dass Microtargeting die Demokratie bedroht, wurde auf EU-Ebene bereits erkannt. Die EU-Kommission legte im November 2021 einen Gesetzesvorschlag vor, der Licht in die undurchsichtigen Kampagnen bringen soll. Das Gesetz würde Parteien dazu verpflichten, transparent zu machen, ob und in welchem Umfang sie politisches Microtargeting einsetzen.

Die angestrebte Verordnung soll zudem die Nutzung persönlicher Daten für derartige Zwecke einschränken. Aktuell befindet sich der Entwurf im sogenannten Trilog-Verfahren, an dem das EU-Parlament, der Rat der Europäischen Union und die EU-Kommission beteiligt sind.


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