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Experten zu EU-Regulierung: „Kein Sonderweg für Krypto-Geldwäsche“

Krypto-Währungen werden zunehmend dazu benutzt, Geld zu waschen. Die EU will daher den Krypto-Sektor stärker regulieren. Anleger:innen und Börsen befürchten, dass damit eine innovative Technologie unterdrückt wird. Sie fordern einen Sonderweg. Doch Expert:innen erklären, dass der nicht sein muss.

in der Trommel einer Waschmaschine ist ein Bitcoin und Seifenschaum, die Tür der Waschmaschine ist geöffnet
Geldwäsche mithilfe von Krypto-Währungen nimmt zu. (Symbolbild) – Public Domain Midjourney („large golden bitcoin-coin inside a washing machine“)

Seit rund 15 Jahren gibt es Bitcoin. Während Enthusiasten die Krypto-Währung mal als Instrument der Befreiung, mal als Spekulationsobjekt feiern, haben viele Anleger:innen Verluste gemacht. Sie stehen mit leeren Händen da, wenn der Wert einer Krypto-Währung in den Keller rasselt oder dann, wenn ihre Krypto-Börsen schließen mussten und sie nicht ausbezahlten.

Das hat durchaus System. Expert:innen wie Linus Neumann vom Chaos Computer Club weisen darauf hin, dass die Blockchain-basierte Währung nicht im Interesse ihrer Nutzer:innen ist. Ausnahmen seien Menschen auf der Spitze der Pyramide, die mit Bitcoin reich werden, oder solche, die in kriminelle Geschäfte wie Geldwäsche involviert sind. Jemand, der das verkörpert, ist Sam Bankman-Fried, der in den USA unter anderem der Geldwäsche angeklagt wird. Er ist der Gründer der Währungsbörse FTX, die im November Konkurs anmeldete.

Wie die Zahlen der Financial Intelligence Unit (FIU) des deutschen Zolls nahelegen, nimmt Geldwäsche im Krypto-Sektor rapide zu. Die Bundesregierung zitierte sie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken im letzten Sommer. Lag die Zahl der Verdachtsmeldungen mit Indikator „Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen“ im Jahr 2018 noch bei 570, betrug sie in 2021 rund 5.230. Das entspricht einem Anstieg von 817,54 Prozent.

Unregulierte Krypto-Währungen ideal für Geldwäsche

Das verwundert nicht. Für Geldwäscher:innen haben Krypto-Währungen wie Ether, Bitcoin oder Ripple eine hohe Attraktivität. Denn der Krypto-Sektor ist bislang wenig reguliert. Außerdem kommen ihnen besonders zwei Eigenschaften der zugrundeliegenden Blockchain-Technologie entgegen. Das ist zum einen die dezentrale Struktur des Systems, zum anderen die globale Ausrichtung. Aufgrund der Dezentralität des Systems gibt es keine übergeordnete Instanz, die Monitoringaufgaben übernehmen und zum Beispiel verdächtige Transaktionen kontrollieren oder Verdachtsmeldungen entgegen nehmen könnte.

Ermittler können sich lediglich an Intermediäre wenden. Das sind zum Beispiel Online-Bezahldienste oder Dienstleister, die die sogenannten Wallets hosten, in denen das virtuelle Geld der Nutzer:innen liegt. Doch die Transaktionen über die Blockchain funktionieren auch ohne Dritte. Das Tauschen der Krypto-Währung in staatlich anerkannte Währung kann ebenfalls ohne Dritte erfolgen. Dazu braucht es nur einen Tauschpartner, den Interessierte in Foren finden können.

Krypto-Währungen zeichnen sich ferner dadurch aus, dass Transaktionen grenzüberschreitend ohne größere Hürden möglich sind. Dafür braucht es lediglich eine Internetverbindung und einen Client. Es gibt keine dazwischen geschaltete Kontrollinstanz, die eine Transaktion von einem zum anderen Kontinent genehmigen muss. Damit entziehen sich Krypto-Währungen bislang weitgehend staatlichen Eingriffen oder Manipulationen.

Spuren des Geldes verwischen

Wie bei der klassischen Geldwäsche bezweckt die Krypto-Geldwäsche, die Wege von Geldbeträgen aus Straftaten zu verschleiern, um sie schließlich ins legale Finanzsystem zurückzuführen. Und Geldwäscher gehen dabei im Wesentlichen nach den drei klassischen Schritten vor: Einspeisung, Verschleierung, Integration.

Um Geld über Krypto-Währungen zu waschen, nutzen Kriminelle Online-Konten bei digitalen Währungsbörsen. Darin platzieren sie inkriminiertes, also schmutziges, Geld oder inkriminierte Krypto-Werte. Hier spielen Umtauschdienstleister eine Rolle und Automaten zum Tauschen von Bargeld gegen zum Beispiel Bitcoins.

Sind die Werte eingespeist, geht es darum, die Spuren zur Quelle zu verwischen. Dazu nutzen Geldwäscher Mixing-Dienste, sogenannte Tumbler wie Tornado Cash, die dafür sorgen, dass eine Abhebung nicht mit der Einzahlung verknüpft werden kann. Kriminelle benutzen verschiedene Tumbler, um es Ermittlern möglichst schwer zu machen, den Weg der Transaktion zu verfolgen. Sie setzen dabei auch auf Privacy Coins wie Monero und Zcash. Das sind Krypto-Währungen, die entwickelt wurden, um Anonymität herzustellen.

Schließlich führen sie die Werte in das legale Finanzsystem zurück, wofür sie erneut auf Umtauschdienstleister setzen und gesetzlich anerkannte Währungen erhalten. Oder sie nutzen Online-Bezahldienste, die Krypto-Währungen akzeptieren, und erwerben mit dem gewaschenen Geld Wertobjekte. In der Regel konzentrieren sie sich dabei auf Länder, in denen es weniger Kontrollen zur Geldwäsche und eine weniger strenge Gesetzeslage gibt. Eine Regulierung dieses Sektors scheint dringend geboten und steht gleichzeitig vor großen Herausforderungen.

Strafverfolgung auf Regulierung angewiesen

„Krypto-Werte lassen sich an jeder Regulierung vorbei transferieren“, sagt Informatiker und Autor Jürgen Geuter, auch bekannt als tante. Er war einer der Sachverständigen in der Anhörung zum Web 3.0 und Metaverse des Digitalausschusses, die im Dezember im deutschen Bundestag stattfand. Gegenüber netzpolitik.org erklärt er, sie könnten „faktisch zu jedem Zweck, von legalen bis hin zu illegalen eingesetzt werden“. Um gegen Geldwäsche vorzugehen, müsse man Exchanges, wie die Kryptobörsen auch genannt werden, so regulieren wie Banken. „Der Weg aus der echten Wirtschaft und in die echte Wirtschaft zurück wären damit abgesichert.“

Dazu müsse man an den Stellen ansetzen, wo Einzelne ihre Krypto-Werte gegen echtes Geld tauschen. Hier sei ein wirksames Mittel das Prinzip „KYC“ (Know your Customer), wie es auch für Banken gilt. „Um eine Wallet bei einer Exchange zu haben, müsste man also seinen Ausweis bei der Exchange hinterlegen.“ Zudem wäre es wichtig, Börsen zu untersagen mit nicht-KYC Wallets Werte zu tauschen. Das würde ausschließen, dass die illegalen Aktivitäten außerhalb der Börse passieren und die Werte dann in die regulierte Exchange-Welt zurücktransferiert werden.

Diverse Exchanges würden bereits keine Transfers von Krypto-Werten mehr annehmen, die aus einem Tumbler kommen. Für dieses Umdenken sei der Druck durch die Strafverfolgungsbehörden ausschlaggebend gewesen. Wie der Fall des im Darknet operierenden Bitcoin-Mixing-Dienstes Bitcoin Fog von 2021 zeigt, sind sie häufig in der Lage, trotz des Versprechens auf Anonymität Fahndungserfolge zu erzielen. Dabei identifizierten US-amerikanische Behörden den mutmaßlichen Erfinder des Dienstes Roman Sterlingov, indem sie seine Transaktionen in die Zeit zurückverfolgten, bevor er seine Seite erfolgreich gestartet hatte, also 10 Jahre zuvor. Möglich war das unter anderem dadurch, dass Transaktionen mit den Sender- und Empfänger-Adressen dauerhaft in der Blockchain gespeichert sind.

Wie die EU Krypto-Geldwäsche bekämpfen will

Bislang greifen im Krypto-Bereich noch kaum Regulierungsbestrebungen durch. Wie Geuter anmerkt, lasse sich der Gesetzgeber davon blenden, dass Krypto als „Innovation und wichtiges Zukunftsthema“ verkauft werde. Die Politik sei darum bemüht gewesen, für Krypto einen Sonderweg zu finden.

Doch die Gesetze zur Regulierung virtueller Währungen müssen sich von Gesetzen der traditionellen Finanzregulierung kaum unterscheiden, erklärt Caroline Böck gegenüber netzpolitik.org. Sie ist Projektmitarbeiterin am Institut für Theorie und Zukunft des Rechts der Universität Innsbruck. Klassisch würde die Finanzmarktregulierung bei der zentralen Ausgabe der Währung durch Zentralbanken ansetzen. Das geht aufgrund der technologisch dezentralen Struktur virtueller Währungen nicht. Daher adressiere beispielsweise das kommende Regelwerk der EU, Markets in Crypto Assets (MiCA), direkt die Krypto-Werte-Dienstleister und nehme sie in die Verantwortung. „Insofern lassen sich hier Parallelen zu anderen Bereichen der Regulierung im Digitalen ziehen, zum Beispiel der Plattformen, bei denen Intermediäre als „Eintrittstore“ für Verbraucher Pflichten auferlegt bekommen“, so Böck.

Im internationalen Vergleich nehme die EU eine „regulatorische Vorreiterrolle“ ein, sagt Böck. Die EU habe mit dieser Rolle Einfluss auf andere Länder. Um Krypto-Kriminalität wie Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen, hat sie zwei grundlegende Rechtsakte erlassen und mehrfach modifiziert: die Geldwäscherichtlinie und die EU-Anti-Terrorismus-Richtlinie. Daneben hat die EU einen Aktionsplan aufgestellt, um intensiver gegen Terrorismusfinanzierung und damit mittelbar gegen Geldwäsche vorzugehen. „Zu den Zielen gehören unter anderem eine EU-Liste der Hochrisikoländer und erhöhte Sorgfaltspflichten, zentrale Register für Bank- und Zahlungskonten oder elektronische Datenauffindungssysteme“, so Böck.

Betreiber von Exchanges müssen entsprechend der „üblichen Sorgfaltspflichten“ für Finanzhäuser ihre Kund:innen kontrollieren, etwa indem sie deren Identität und die Adressen ihrer Wallets speichern: Der geplanten Reform der Geldwäscherichtlinie zufolge sollen alle Krypto-Dienstleister Daten zur Identifizierung ihrer Kund:innen vorhalten. Ihre Sorgfaltspflicht ist gefragt, wenn ihre Kund:innen Transaktionen im Wert ab 1.000 Euro vornehmen. Die Richtlinie soll zusammen mit einer neuen Fassung der Geldtransferregulierung, auch als Transfer of Funds Regulation (TFR) bekannt, das neue EU-Regelwerk zur Bekämpfung von Geldwäsche bilden.

Zuletzt will die EU eine neue europäische Geldwäschebehörde, die Anti-Money-Laundering Authority (AMLA), einrichten. Ab dem 1. Januar 2024 soll sie einsatzbereit sein. Auch Deutschland bewirbt sich um den Sitz und will ihn nach Frankfurt am Main holen.


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