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Kampf gegen „schädliche Inhalte“: Wikipedia warnt vor britischer Online Safety Bill

Die ohnehin schon drastische Online Safety Bill könnte weiter verschärft werden. Künftig sollen Mitarbeitende von Online-Diensten für Verstöße persönlich haften, fordern britische Parlamentsabgeordnete. Die Wikipedia warnt nun, dass das Gesetz die gemeinnützige Enzyklopädie in Schwierigkeiten bringen würde.

Im Bild ein Laptop mit aufgerufener Wikipedia-Seite.
Die geplante Kindersicherung für britische Internetnutzer:innen würde Dienste wie Wikipedia gefährden. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / CHROMORANGE

Großbritannien könnte die geplante „Online Safety Bill“ merklich verschärfen. Demnach könnten Mitarbeitende von Online-Diensten persönlich haften, wenn sie die Sicherheit von Kindern im Internet nicht ausreichend schützen. Das würde insbesondere Online-Dienste wie Wikipedia, die auf den Einsatz von Freiwilligen setzen, in Bedrängnis bringen.

Das seit geraumer Zeit diskutierte Gesetzesvorhaben soll Internetnutzer:innen vor schädlichen und illegalen Inhalten im Netz schützen. Unter anderem enthält es Bestimmungen, die der EU-Chatkontrolle ähneln und könnte die Verschlüsselung im Vereinigten Königreich untergraben. Zudem schreibt es Online-Diensten Überwachungspflichten vor. Sie müssten dann selbst aktiv nach potenziell schädlichen Inhalten Ausschau halten.

Hardliner machen Druck

Nun drängen fast 50 konservative Parlamentsabgeordnete, laut BBC mit Unterstützung der Labour-Opposition, die Regierung des noch frischen Premierministers Rishi Sunak zu weiteren Verschärfungen. Bis zu zwei Jahre Haft könnte Manager:innen bei Verstößen gegen das Gesetz drohen. Bislang waren lediglich empfindliche Geldstrafen von bis zu 10 Prozent des jährlichen Firmenumsatzes vorgesehen. Hinter dem Vorstoß steht unter anderem die ehemalige Innenministerin Priti Patel, Gesprächsbereitschaft hat bereits die amtierende Kulturministerin Michelle Donelan signalisiert.

In dieser Form würde damit die Freiheit auf Meinungsäußerung eingeschränkt, warnte Rebecca MacKinnon von der Wikimedia Foundation gegenüber BBC. Die harschen Bestimmungen würden nicht nur große Unternehmen treffen, sondern auch Netzprojekte, die vornehmlich von Freiwilligen getragen werden. „Es würde die Foundation dazu zwingen, ihren Community-Ansatz aufzugeben und Inhalte proaktiv zu entfernen“, sagte MacKinnon.

Die Online-Enzyklopädie Wikipedia wird von Freiwilligen in dutzenden Sprachen befüllt, ebenso werden Moderationsentscheidungen dezentral von der Community gefällt. Unter den unzähligen Einträgen finden sich Artikel zu Sexualität, Drogen oder Selbstmord. Manche, etwa auch die zuständige Regulierungsbehörde Ofcom, könnten solche Inhalte als schädlich für Kinder werten.

Was GAFAM treffen solle, schade der Wikipedia

Ansätze wie die „Online Safety Bill“ hätten vor allem zentralisierte Dienste wie Facebook oder Instagram im Blick, sagt MacKinnon. Ihrer Meinung nach sollte sich die britische Regierung lieber am Digital Services Act der EU orientieren, der für nicht-kommerzielle Anbieter wie Wikipedia Ausnahmen von den Regeln vorsieht.

Problematisch könnte auch die geplante Alterskontrolle werden. Die könnte Wikipedia dazu zwingen, Daten von Nutzer:innen einzuholen, die das Projekt gar nicht haben will. Solche Daten könnten womöglich von Regierungen angefordert oder von Kriminellen gehackt werden, warnt MacKinnon. So ist etwa in Russland der Eintrag über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine illegal. Das könnte Begehrlichkeiten russischer Behörden wecken, die ohnehin schon hellwach sind. „Letztlich gefährdet die Regelung uns alle, einschließlich Kinder“, sagt MacKinnon.

Mit dem Messenger-Anbieter WhatsApp hat bereits ein großer Online-Dienst mit seinem Rückzug aus Großbritannien gedroht. Das Gesetzesvorhaben würde den Dienst dazu zwingen, seine Sicherheitsstandards zu senken. Dazu sei das Unternehmen aber nicht bereit und würde lieber 40 Millionen Nutzer:innen im Vereinigten Königreich aussperren, sagte ein WhatsApp-Manager im Dezember. Die „Online Safety Bill“ befindet sich derzeit in dritter Lesung im britischen Unterhaus, über die Änderungen soll diese Woche abgestimmt werden. Danach geht der Gesetzentwurf an das House of Lords.


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