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NIS2-Richtlinie: EU erschwert anonyme Domain-Registrierung

Wer in der EU in Zukunft eine Domain registriert, dessen Name und Telefonnummer sollen überprüft werden. Kritiker:innen befürchten, dass die neue Identifizierungspflicht Hürden beim Whistleblowing und politischen Aktivismus erhöhen könnte.

Katze mit Namensplakette
In Zukunft sollen Domaininhaber:innen eindeutig identifiziert werden. (Symbolbild) Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Kenny Eliason

Die Europäische Union hat im Rahmen der NIS2-Richtlinie die Daumenschrauben bei der Domain-Registrierung angezogen: In Zukunft sollen Name und Telefonnummer von Domain-Eigentümer:innen verifiziert werden. Die Regelung ist Bestandteil der NIS2-Richtlinie, die heute vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde. Sie regelt den Umgang mit Hackerangriffen auf Infrastrukturen in der EU.

Bevor NIS2 in Kraft tritt, müssen die EU-Staaten noch endgültig zustimmen. Dies gilt aber als Formsache. Anschließend haben die Mitgliedstaaten 21 Monate Zeit, um die neuen Regeln in nationales Recht umzuwandeln.

Die enthaltene Regelung hinsichtlich der Domain-Registrierung sorgte nicht nur bei Bügerrechtler:innen für Kritik. Die DENIC, zuständig für die DE-Domain, kritisiert das Vorhaben in einer Stellungnahme: Demnach würde behauptet, dass genaue und vollständige Registrierungsdaten für die Sicherheit, Stabilität und Belastbarkeit des Domain Name Systems von wesentlicher Bedeutung seien, hierfür fehle laut DENIC aber eine Begründung.

Zugleich fordert die DENIC die Kommission auf, Inhalteregulierung besser in einer anderen Regulierung zu handhaben, und zwar im Digitale-Dienste-Gesetz (DSA). Weiter heißt es: „Eine verpflichtende, invasive Vorabidentifizierung der Registranten halten wir nicht für notwendig und verhältnismäßig.“

„Beschränkung des anonymen Nutzens des Internets“

Tom Jenissen von der Digitalen Gesellschaft sagt gegenüber netzpolitik.org, dass die Registrierung persönlicher Daten nicht wirklich nötig sei für Sicherheit, Stabilität und Resilienz des Domain-Name-Systems, wie die EU behaupte. Auch sei unklar, warum für das Nutzen eines Domainnamens eine Telefonnummer notwendig sein sollte. „Offenkundig geht es nicht so sehr um die Sicherheit des Systems, sondern darum, die anonyme Nutzung des Internets weiter zu beschränken“, so Jenissen weiter. Insbesondere für aktivistische Projekte wie beispielsweise WikiLeaks werde es eng im zunehmend regulierten Netz europäischer Prägung.

Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer sagt: „Wenn die Betreiber von Leakseiten wie WikiLeaks künftig namentlich verzeichnet würden, riskieren sie wie Julian Assange lange Haftstrafen für die Veröffentlichung von Kriegsverbrechen der USA.“ Auch das katalanische Unabhängigkeitsreferendum habe über anonym registrierte Webseiten organisiert werden müssen, weil in Spanien Inhaftierung drohte.

Die neue staatliche Identifizierungspflicht sei weltweit einzigartig und breche mit internationalen Prinzipien der Internet-Regulierung, so Breyer weiter. Der EU-Abgeordnete der Piraten geht davon aus, dass die Identifitierungspflicht von Staaten wie Russland, Iran und China dankend übernommen werden würde und schlimme Folgen für mutige Menschenrechts- und Demokratieaktivist:innen habe.

Zwangsidentifizierung schadet politischem Aktivismus

Zwangsidentifizierung gefährde Webseitenbetreiber, so Breyer, denn nur Anonymität im Netz schütze wirksam vor Datenklau und Datenverlust, Stalking und Identitätsdiebstahl, Doxing und sogenannten Todeslisten. Insbesondere marginalisierte Gruppen, Whistleblower:innen und politische Aktivist:innen bräuchten die Möglichkeit zur Anonymität.

In Deutschland ist bekannt, dass Menschen aufgrund von Domain-Registrierungen bereits auf den Todeslisten von Rechtsextremen gelangten sind. Wer anonyme Domains registrieren möchte, kann dies in Zukunft nur noch über außerhalb der EU operierende Anbieter tun.


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