Ticker

6/recent/ticker-posts

Ad Code

Responsive Advertisement

BSI-Chef Arne Schönbohm: IT-Sicherheit in der Comedy-Arena

Bundesinnenministerin Nancy Faeser muss das Problem Arne Schönbohm schnell loswerden. Der BSI-Chef ist nach einem Beitrag des ZDF Magazin Royale endgültig nicht mehr tragbar. Noch wichtiger aber ist die Frage: Wird das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik nun endlich unabhängig? Ein Kommentar.

Ronald Macdonald
Cyberclown (Symbolbild) CC-BY 2.0 PunkToad

Getarnt als Satire-Beitrag brachte das ZDF Magazin Royale am 7. Oktober eine Recherche, die es in sich hatte: Es ging um Arne Schönbohm, seine engen Kontakte zu russischen Geheimdienstleuten und um den dubiosen Verein „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland“, dessen Mitgründer er war. „Cyberclown“ Schönbohm ist seit 2016 Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und agiert mittlerweile als eine Art oberster Cyber-Sicherheitskommentator. Einmal mehr steht er nun als Fehlbesetzung da und ist damit endgültig in der Comedy-Arena gelandet.

Arne Schönbohm im Interview bei Phoenix. - Alle Rechte vorbehalten Phoenix

Der Mann aus der Wirtschaft war schon bei seiner Berufung Ziel harscher Kritik. Grund dafür war vor allem seine mangelnde fachliche Qualifikation und seine Nähe zur Rüstungsbranche. Der ehemalige Lobbyist Schönbohm ist Betriebswirt und konnte sich – anders als seine Amtsvorgänger – auf keinerlei technische, informatische oder mathematische Expertise stützen. Es war der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der den Sohn seines Parteikollegen, des Generalleutnants und ehemaligen Brandenburger Innenministers Jörg Schönbohm, trotz Protesten aus der Opposition ins Amt hob.

Wichtiger als die Personalie ist das Amt

Wichtiger als die Personalie ist jedoch die Zukunft des Themas, das Arne Schönbohm qua Amt vertritt. Denn nun ist nicht nur Schönbohms Image endgültig ramponiert, sondern auch die Reputation der wichtigen Behörde hat erheblichen Schaden genommen. Das BSI ist für den Schutz weiter Teile der digitalen Infrastruktur des Bundes zuständig. Gerade in der anhaltenden Krise in der IT-Sicherheit ist die Behörde von besonderer Bedeutung für Verwaltung und Wirtschaft, denn die Beratung und Expertise seiner Mitarbeiter werden derzeit überall dringend gebraucht. Da ist eine wandelnde Peinlichkeit an der Spitze des Amts nicht länger tragbar.

Gewiss, die amtierende Innenministerin Nancy Faeser hat das Problem Schönbohm von de Maizière geerbt. Sie trägt damit keine Schuld daran, dass dieser Mann den Chefsessel jener Behörde einnimmt, die in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewann und auf deren Einschätzungen sich auch die SPD-Ministerin stützen muss. Aber Faeser muss nun eine Entscheidung über die Personalie fällen. Das Handelsblatt und das Boulevard-Blatt Bild berichteten bereits, dass Faeser die Abberufung Schönbohms plane. Ihr Ministerium dementiert das aktuell zwar noch, aber sie wird die drängenden Nachfragen wohl nicht mehr lange aussitzen können.

Dass Schönbohm im BSI noch eine Zukunft hat, daran glaubt im politischen Berlin keiner mehr. Das ZDF zitiert unbenannte Personen in Regierungskreisen:

Es soll ein zeitnaher Wechsel im Amt des BSI-Präsidenten erfolgen.

Und auch Tilo Jung berichtet schon, dass Schönbohm tatsächlich bald weggelobt werden soll.

Schon nach Schönbohms peinlichen Patzern in der Causa Kaspersky wurde über sein Ende an der Amtsspitze geraunt. Unter seiner Ägide hatte das BSI vor der Virenschutzsoftware des russischen Herstellers Kaspersky gewarnt. Technisch ist das schwerlich zu begründen, die Warnungen konnten daher nur als politische Wertung verstanden werden.

Wir brauchen vom BSI verlässliche Fakten, fundierte Einschätzungen und strategische Ideen in Fragen der IT-Sicherheit. Jenseits der Amtsspitze hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die Fachleute dafür. Eine IT-Sicherheitsbehörde jedoch, die in schneller Folge nur die üblichen Allgemeinplätze via Pressemeldung absondert, dessen Präsident Arne Schönbohm sich ernsthaft für Hackbacks starkmacht und das Cyber-Bullshit-Reporting normalisiert hat, muss ihren Kurs neu ausrichten.

Nach dem nun unausweichlichen Abgang des Cyberclowns lautet also die entscheidende Frage, wie die Zukunft des BSI aussieht. Wird die Behörde endlich aus dem direkten Einflussbereich des Innenministeriums losgelöst? Das ist eine bereits seit Jahren erhobene Forderung, um die Unabhängigkeit der Behörde zu sichern. Dass das BSI weiter politisch weisungsgebunden bleibt, ist ein noch unhaltbarerer Zustand als die aktuelle Besetzung der Spitzenposition.


Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.

Enregistrer un commentaire

0 Commentaires