Die iranische Regierung antwortet auf Massenproteste mit Gewalt und Einschränkungen des Internets. Seit heute sind Instagram und WhatsApp in dem Land nicht mehr verfügbar. In den Abendstunden schaltete das Regime auch den größten Mobilfunkprovider ab.
Seit die kurdische Iranerin Jina Amini nach der Festnahme durch die Sittenpolizei in der vergangenen Woche in Teheran zu Tode kam, gibt es Proteste gegen das Regime im ganzen Land. Sie richten sich gegen die Kleiderordnung und zunehmend gegen die Regierung als Ganzes. Die Regierung wiederrum reagiert auf die Proteste mit Gewalt auf der Straße und Zensur im Internet.
Schon am Montag wurde in Teilen der kurdischen Provinz das Internet für Stunden abgeschaltet, berichtet das Projekt Netblocks.org. Davor war in Teheran der Zugang zum Internet gedrosselt worden. Seit heute ist nun landesweit das soziale Netzwerk Instagram bei vielen Providern nicht mehr zu erreichen. Der Fotodienst war das letzte westliche soziale Netzwerk, das im Iran zugänglich ist. Es erfreut sich großer Beliebtheit im Land und wird von mehr als der Hälfte der Iraner:innen genutzt. Auch der Messenger WhatsApp wird seit den Abendstunden eingeschränkt und zuletzt auch der größte Mobilfunkprovider MCI.
Internetabschaltungen haben den Effekt, dass sich die Menschen vor Ort keine Nachrichten über die Proteste mehr schicken können. Regierungen erhoffen sich davon einen dämpfenden Effekt auf die Mobilisierungskraft von sozialen Bewegungen. Darüber hinaus dringen durch die Einschränkungen immer weniger Bilder und Videos nach außen.
Frauen verbrennen ihre Kopftücher
Amini, deren iranischer Vornahme Mahsa lautete, wurde von der iranischen Sittenpolizei verhaftet, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß. Nachdem die Proteste wegen ihres gewaltsamen Todes im kurdischen Teil des Irans zuerst am stärksten waren, haben sie sich im ganzen Land verbreitet. Im Netz kursieren zahlreiche Videos, in denen Frauen das im Iran obligatorische Kopftuch abnehmen und teilweise unter dem Applaus der Anwesenden verbrennen. Andere Frauen schneiden sich aus Protest die Haare ab. Aus Teheran gibt es Berichte, dass in der Stadt Frauen aus Solidarität mit den Protesten kein Kopftuch mehr tragen.
Auf vielen Videos ist auch zu sehen, wie Demonstrierende die Polizei in die Flucht schlagen. Bei den Protesten sind nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters mittlerweile fünf Personen ums Leben gekommen. In manchen Regionen hat die Polizei scharf geschossen, berichten Personen aus dem Iran. Mit den Abschaltungen des Internets und bestimmter Services könnte die Informationslage schlechter werden.
Wohl eher ins Reich der Public Relations gehört unterdessen Elon Musks Ankündigung, das Satelliteninternet Starlink in den Iran zu bringen. Der Milliardär und Unternehmer wollte am Dienstag eine Befreiung des Satelliteninternets von den US-Sanktionen beantragen. Da der Empfang des Internets über die Starlink-Satelliten allerdings Hardware vor Ort benötigt, dürfte die Maßnahme auf absehbare Zeit kaum zur Öffnung des Internets im Land beitragen.
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