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KW 23: Die Woche, in der mal wieder die Netzneutralität verteidigt werden muss

– Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

während meine Kolleg:innen in dieser Woche auf der re:publica die Talks und Veranstaltungen für euch verfolgen, habe ich meine erste Woche bei netzpolitik.org gerade hinter mir. Vieles ist neu. Ich versuche zum Beispiel gerade noch zu verstehen, wie das alles mit der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung technisch funktioniert. Und ich lese viel. Zum Beispiel, dass die Netzneutralität wieder Gefahr läuft untergraben zu werden. Warum ist Netzneutralität wichtig?

Vor allem bei großen Themen habe ich mir angewöhnt, zuerst die Was-ist-Frage zu stellen und darauf gefasst zu sein, dass die Antwort nicht einfach ist. Also: Was ist Netzneutralität? Die Neutralität im Netz oder die Neutralität des Netzes? Auf die Gefahr hin, dass ich hier jetzt Gemeinplätze ausbreite, will ich kurz auf die Frage eingehen. (Ich bin Philosophin und wer mit Philosoph:innen zu tun hat, weiß, dass „kurz“ schwierig ist.)

Am besten man schaut in die 11 Thesen zur Netzpolitik des Chaos Computer Club (CCC). Demnach kann sich der Nutzen des Netzes nur entfalten, wenn die Netzneutralität garantiert ist. „Kein Zugangsanbieter [zum Netz] darf nach inhaltlichen Kriterien Einfluß auf die Verfügbarkeit, Priorisierung oder Bandbreite der weitergeleiteten Daten nehmen.“

Das Netz ist kein Akteur. Genauso wenig wie der Markt, der angeblich alles regelt. Hinter dem Status Quo der Netzneutralität steckt politischer Wille. 2016 beschloss die EU die Sicherstellung der „gleichberechtigte[n] und nichtdiskriminierende[n] Behandlung des Datenverkehrs“. Damit wurde ausgeschlossen, dass Netzbetreiber sich dafür bezahlen lassen, bestimmte Datenpakete zu priorisieren.

Seither haben sie regelmäßig versucht, diesen Beschluss zu kippen. So erst wieder in der vergangenen Woche, als EU-Digitalkommissarin Margrethe Vestager den Gedanken geäußert hat, Internetdienste wie Netflix sollten den europäischen Breitbandausbau mitbezahlen. Was das für die Netzneutralität bedeuten würde, ist klar.

Sogar ein wirtschaftsnaher Minister wie Volker Wissing blickt mit Skepsis auf die Forderung der europaweit agierenden Netzbetreiber Deutsche Telekom, Orange, Telefónica und Vodafone. Im Interview mit Markus Beckedahl auf der re:publica erklärte er, dass die Netzneutralität nicht in Frage gestellt werden dürfe. „Ich will das nicht“, das waren seine Worte.

Dass das auch nicht der politische Wille vieler Bürger:innen ist, äußert sich im Protest eines breiten Bündnisses aus der Zivilgesellschaft. Sie befürchten zurecht die Abschaffung der Netzneutralität durch die EU-Kommission. Ihre Forderung lautet: Das offene und freie Internet soll nicht zugunsten großer Netzbetreiber beschädigt werden.

Die Wörter „offen“ und „frei“ treffen einen empfindlichen Punkt. Denn sie stehen für Selbstbestimmung, für einen Raum zur Entfaltung von Ideen und Kreativität, für die gleichberechtigte Kommunikation zwischen Menschen, die nicht von der Marktmacht großer Netzbetreiber abhängt. Dass Nutzer:innen des Netzes gleich behandelt werden, weil ihre Daten gleich behandelt werden, daran hängt Vieles. Verliert das Netz die Attribute „offen“ und „frei“, verengt das den Raum der politischen Teilhabe und das wiederum schwächt die Demokratie.

Diese Woche zeigt einmal mehr, dass die Netzneutralität immer aufs Neue verteidigt werden muss.

Euch ein schönes Wochenende

Esther


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