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Gegen Schulmassaker: Axon will Taserdrohne entwickeln

EIn Quadrokopter mit 4 Rotoren von oben in den Farben schwarz und gelb.
Konzeptstudie der Taserdrohne auf Basis eines Quadrokopters. Axon

Nach dem jüngsten Schulmassaker in Uvalde im Bundesstaat Texas ist unklar, ob die Regierung der Vereinigten Staaten ähnliche Taten künftig verhindern kann. Schärfere Waffengesetze scheitern an der Waffenlobby. Auch der aus hiesiger Sicht absurde Vorschlag, Lehrer:innen mit Gewehren auszustatten, dürfte sich nicht durchsetzen. Denn dies würde bedeuten, das Schulpersonal auch an den Waffen trainieren zu müssen.

In diesem Dilemma verspricht nun ausgerechnet der Erfinder und Hersteller des Tasers Abhilfe. Die Firma Axon gab am Donnerstag bekannt, „offiziell mit der Entwicklung eines Taser-Drohnensystems“ begonnen zu haben. So schreibt es Rick Smith, der Gründer und Geschäftsführer von Axon, auf dem Blog des weltweit führenden Anbieters von Elektroschockwaffen. Die Initiative sei „Teil eines langfristigen Plans zur Bekämpfung von Massenerschießungen“.

Polizeifantasien mit Pfefferspray, Tränengas und Soundgranaten

Taser schießen mit einem meterlangen Draht verbundene Pfeile ab, die über die Haut einen Impuls von 50.000 Volt abgeben. Die Betroffenen sind für kurze Zeit gelähmt und fallen zu Boden. In Deutschland werden die Abschussgeräte als „Distanzelektroimpulsgeräte“ bezeichnet. Im Modus des direkten Kontakts können sie auch als Elektroschocker genutzt werden.

Die Idee, Drohnen mit sogenannten nicht-tödlichen Waffen auszustatten, ist nicht neu. Seit Polizeien vor rund 15 Jahren weltweit begannen, Drohnentechnologie einzuführen, haben Hersteller immer wieder entsprechende Entwicklungen angekündigt. Unter anderem hatte eine südafrikanische Firma den Prototyp einer Taserdrohne vorgestellt, die sich aber wie ihre Vorläufer nicht durchsetzen konnte.

Zu den Polizeifantasien gehörten in den vergangenen 15 Jahren außerdem Drohnen, die wie beim israelischen Militär Tränengas abwerfen, Pfefferspray versprühen oder Soundgranaten verschießen. Für den Alltagseinsatz sind derartige Technologien kaum zu gebrauchen, allerdings könnten sie sich im Repertoire von Spezialkräften befinden.

Design zwischen Spiderman und Caterpillar

Axon hat außerdem die Bodycams entwickelt, die inzwischen auch bei deutschen Polizeien Einzug halten. Auch in diesem Segment ist Axon unbestrittener Marktführer. Die Ankündigung, nun ins Drohnengeschäft einzusteigen, ist deshalb ernstzunehmen.

„Zwei Technologien haben in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht, und beide könnten Hoffnung geben. Die erste: Drohnen. […] Die zweite Technologie: nicht-tödliche Energie-Waffen“, so Smith. Zusammengenommen könnten sie Massenerschießungen „wirksam bekämpfen“.

In dem Blogeintrag liefert Smith auch eine Konzeptstudie, wie die fliegende Waffe aussehen könnte. In den vom Taser bekannten Farben schwarz und gelb und einem Design zwischen Spiderman und Caterpillar könnte sich das Gerät bei Blaulichtorganisationen tatsächlich gut verkaufen.

Die EFF fürchtet „Mission Creep“

Smith schlägt vor, die Drohnen „wie Sprinkleranlagen“ landesweit an Schulen zu installieren. Das klinge zwar lächerlich, sei aber „ohne eine strenge Debatte und Gesetze“ schnell umsetzbar. Betont wird, dass die Entscheidung über den Einsatz der Taser-Gewalt stets in der Hand eines entsprechend geschulten Menschen liegen solle.

Die US-amerikanische Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) hält Drohnen, die mit einem Taser ausgestattet sind, indes für eine „gefährliche Idee“. Die fliegenden Elektroschocker könnten sich über den Einsatz an Schulen in die alltägliche Polizeiarbeit schleichen. Die EFF ruft dazu auf, sich dieser Normalisierung der Bewaffnung von Drohnen und Robotern zu widersetzen.

Die Bürgerrechtsorganisation warnt auch vor einem „Mission Creep“. Immer wieder komme es vor, dass Technologien, die der Polizei für den äußersten Notfall zur Verfügung gestellt werden, bei politischen Versammlungen oder zur Bekämpfung von Kriminalität auf der Straße zum Einsatz kommen.

Tote nach Taser-Einsätzen

Als Beispiel nennt die EFF IMSI-Catcher, die einst für das Militär entwickelt wurden und nun „im Namen der ‚Terrorismusbekämpfung‘ nach Hause gebracht“ wurden. Gegen Black-Lives-Matter-Demonstrant:innen sei mit Gesichtsüberwachung und Amazon-Ring-Türklingelkameras ermittelt worden.

Auch der Axon-Ethikrat, dem die EFF angehört, hat sich laut der Organisation „entschieden dagegen ausgesprochen“, dass die Firma das Projekt vorantreibt. Laut einer Untersuchung der Zeitung USA Today gab es in den letzten 12 Jahren über 500 Tote beim Einsatz von Tasern durch die Polizei der Vereinigten Staaten. In Deutschland starben seit 2018 mindestens sechs Personen nach einem Taser-Einsatz.


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