Der Europäische Gerichtshof hat eine Klage Polens gegen Teile der EU-Urheberrechtsrichtlinie abgewiesen. Das Gericht hält den Artikel 17 der Richtlinie, der Plattformen wie YouTube zum Einsatz von Uploadfiltern verpflichtet, für mit dem europäischen Recht vereinbar. Zwar handle es sich bei der Filterpflicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, aber der Artikel beinhalte ausreichende Schutzvorkehrungen gegen die Sperrung legaler Inhalte, teilte das Gericht heute, Dienstag, mit.
Die Urheberrechtsrichtlinie der Europäischen Union verpflichtet YouTube und andere Plattformen dazu, alle Inhalte von Nutzer:innen auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu durchleuchten. Dagegen klagte die polnische Regierung, da sie Uploadfilter für eine Gefahr für die freie Meinungsäußerung hält. (Dass die Regierung der rechten Partei PiS selbst den Raum für freie Meinungsäußerung etwa in öffentlich-rechtlichen Medien eingeschränkt hat, ist ein anderes Thema.)
Gegen die Urheberrechtsreform waren im Frühjahr 2019 europaweit zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, allein in Deutschland wurde in 50 Städten demonstriert. Stimmen aus der Zivilgesellschaft und Abgeordnete hatten vor Beschluss der Reform gewarnt, dass automatisierte Filter oft zu Fehlentscheidungen und sogenanntem Overblocking führten – also zur massenhaften Entfernung legaler Inhalte, um mögliche Haftungsschwierigkeiten zu vermeiden. Auch werde durch Uploadfilter eine Zensurinfrastruktur aufgebaut, die später willkürliche Eingriffe in die Meinungsfreiheit im Netz ermögliche.
Gericht sieht „angemessene Garantien“ für Grundrechte
Diese Einwände fanden vor dem EU-Gerichtshof offenbar nur teilweise Gehör. Bei der Verpflichtung zu Uploadfiltern sehe die EU-Gesetzgebung „angemessene Garantien“ vor, um das Recht der Nutzer:innen dieser Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit zu wahren, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Jedoch gibt das Gericht bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht den Mitgliedsstaaten eine Aufgabe mit auf den Weg. Dabei müsse darauf geachtet werden, ein „Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch die Charta geschützten Grundrechten sicherzustellen.“
Der frühere EU-Abgeordnete Felix Reda, der die Richtlinie vor ihrem Beschluss begleitet und dabei gegen Uploadfilter kämpft hat, sieht durchaus positive Aspekte an dem Urteil. Aus der Rechtsmeinung des Gerichts gehe hervor, dass Plattformen nicht selbstständig bewerten dürften, ob etwas eine Urheberrechtsverletzung oder eine legale Nutzung ist. „Also dürfen nur offensichtliche Rechtsverletzung durch Uploadfilter gesperrt werden“, so Reda.
In Deutschland ist die Urheberrechtsreform seit August 2021 in Kraft, dabei schrieb die Große Koalition in die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie trotz gegenteiliger Ankündigungen die Uploadfilter fest. Die Ampel-Koalition, die seit Dezember im Amt ist, lehnt laut ihrem Koalitionsvertrag verpflichtende Uploadfilter „zum Schutz der Informations- und Meinungsfreiheit“ ab. Sie hat keine Änderungen angekündigt, möchte das im Vorjahr beschlossene Gesetz aber evaluieren.
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