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Private Relay: EU misstraut Apples Internet-Tarnkappe

Apples Private Relay

Seit Kurzem bietet Apple zahlenden Nutzer:innen der iCloud einen neuen Anonymisierungsdienst namens Private Relay an. Diese „Internet-Tarnkappe“, wie es der Spiegel nennt, kombiniert Eigenschaften von zwei beliebten Werkzeugen gegen digitale Überwachung, nämlich von VPN-Diensten und dem Tor-Browser.

Apple hat seinen Dienst, der sich bislang für iOS 15 und iPadOS 15 in der Beta-Phase befindet, nach eigenen Angaben entwickelt, damit er Daten von Nutzer:innen beim Surfen verschlüsselt. Die Daten werden zuerst über einen eigenen Server geschickt und dann an einen Drittanbieter weitergeleitet. Letzterer wickelt den Datenaustausch mit der angesurften Website ab. Daher könne „niemand – nicht einmal Apple – erkennen kann, wer du bist und welche Seiten du besuchst.“

Das dürfte autoritären Regierungen, die ihre Überwachung im Netz ständig ausbauen, nicht schmecken. Wie VPN und Tor-Browser ist auch Apples neues Feature in einigen Staaten unerwünscht. Der Konzern deaktiviert sein Anonymisierungstool für Nutzer:innen in China, Belarus und Saudi-Arabien. Auch in Ländern wie Kolumbien und Südafrika ist es nicht verfügbar.

Ärger könnte es allerdings auch in der EU geben. Hinter verschlossenen Türen warnen EU-Beamte vor Private Relay. „Dieses neue Feature wird wahrscheinlich die Aufdeckung und Untersuchung illegaler Aktivitäten im Internet erschweren“, heißt es in einem internen Briefing der EU-Kommission vor einem Treffen mit Apple. Denn Private Relay verhindere womöglich die Identifikation von Nutzer:innen, die Websites mit Kindesmissbrauchsinhalten und Terroraufrufen ansurfen. Auch könnten damit Netzsperren einiger EU-Staaten umgangen werden.

EU möchte Zugriff auf verschlüsselte Inhalte

Die EU denkt seit Längerem darüber nach, wie Behörden Zugang zu verschlüsselten Inhalten bekommen könnten – trotz Warnungen von Expert:innen und NGOs, die solche Pläne als Gefahr für Sicherheit und Privatsphäre im Netz sehen. In den kommenden Monaten will die EU-Kommission ein Gesetz vorschlagen, das Scans aller Bilder und Videos auf Geräten auf mögliche Kindesmissbrauchsinhalte vorschreibt – ein Vorschlag, der als „Chatkontrolle“ kritisiert wird.

Inzwischen planen die EU-Behörden auch wegen Private Relay erste Schritte. „Die Kommission prüft derzeit die Gesamtauswirkungen von Private Relay, insbesondere mit den Telekommunikationsanbietern“, heißt es in dem Briefing, das durch eine Informationsfreiheitsanfrage der NGO Global Witness öffentlich wurde. Apple müsse erklären, welche Auswirkungen das Werkzeug auf Anordnungen von Behörden an Provider habe, Daten ihre Kund:innen herauszugeben.

Die Kommission brachte den Dienst auch gegenüber Apple direkt zur Sprache. Private Relay war Thema eines Treffens zwischen Apples oberster Datenschutzbeauftragten Jane Horvath und Åsa Webber, der Kabinettschefin von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, die als Hardlinerin in Verschlüsselungsfragen gilt. Webber drängte Apple laut einer Gesprächsnotiz der Kommission in dem Meeting dazu, mehr Anstrengungen im Kampf gegen Kindesmissbrauch zu unternehmen. Dabei kam das Gespräch auch auf das Apple-Tool.

Die Kommissionsbeamten hätten ihre Bedenken geäußert und um mehr Informationen darüber gebeten, wie Private Relay funktioniere, sagte eine Kommissionssprecherin gegenüber netzpolitik.org. Die Kommission habe den Konzern aber nicht um Änderungen oder eine verzögerte Einführung des Tools gebeten: „Mit Apple wurden keine Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einführung oder Nutzung von Private Relay erörtert“. Der Konzern antwortete nicht auf unsere Fragen nach dem Treffen.


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