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Digitale-Märkte-Gesetz: EU-Abgeordnete wollen Interoperabilität erzwingen

WhatsApp

Die Abgeordneten im Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments haben eine Festlegung getroffen, die weitreichende Änderungen für das Netz haben könnte. In Änderungsanträgen für das Digitale-Märkte-Gesetz sprach sich eine Mehrheit dafür aus, dominante Plattformkonzerne zur Öffnung ihrer sozialen Netzwerke und ihrer Messenger-Dienste zu zwingen. Treffen dürfte diese sogenannte Interoperabilitätsverpflichtung vor allem Facebook, sie ist allerdings nicht unumstritten. Gescheitert ist jedoch der Versuch einiger Abgeordneter, ein gänzliches Verbot personalisierter Werbung in dem Gesetz zu verankern.

In dem vom CDU-Abgeordneten Andreas Schwab ausgearbeiteten Gesetzesvorschlag, den der Ausschuss am heutigen Dienstag verabschiedete, finden sich aber auch andere maßgebliche Änderungen. Generell sollen viele der Vorschriften in dem Gesetz nur dominante Plattformen treffen, sogenannte Gatekeeper, und deren Kernplattformdienste. Über die genaue Definition hatten die Fraktionen bis zuletzt gestritten, nun sollen nach Wunsch des Parlaments nur Firmen mit einem Jahresumsatz von acht Milliarden Euro und einem Firmenwert von 80 Milliarden Euro darunterfallen – also deutlich höher als die 65 Milliarden, die die Kommission und der Rat wollen. Damit könnten Schwab und die Mehrheit im Ausschuss eine Reihe großer Firmen von dem Gesetz ausnehmen, darunter europäische Firmen wie Booking.com, Spotify oder Zalando.

Hingegen sollen die Strafen, die das Gesetz vorsieht, deutlich höher ausfallen als ursprünglich vorgeschlagen. Strafen für systematische Verstöße durch dominante Firmen erhöht das Parlament von zehn auf 20 Prozent des Jahresumsatzes, im Fall von Apple könnte das nach Vorjahreszahlen bis zu 73 Milliarden US-Dollar bedeuten. Der Parlamentsentwurf fällt damit deutlich härter aus als jener der EU-Staaten, auf den sich diese erst vor kurzem geeinigt hatten.

Tauschen Telegram und WhatsApp bald Nachrichten?

Den Katalog der Verpflichtungen für Gatekeeper-Plattformen hat das Parlament an einigen Stellen gestärkt und erweitert. Die wohl weitreichendste Änderung ist die Interoperabilitätspflicht, die explizit für soziale Netzwerke und Messenger gilt. Jedem Betreiber eines solchen Dienstes soll „auf ihren Wunsch und kostenlos“ erlaubt werden, ihre Dienste mit jenen einer dominanten Plattform zu verbinden. Nutzer:innen eines Messengers wie Telegram könnten dann etwa Nachrichten mit WhatsApp-Nutzer:innen austauschen. Im ursprünglichen Vorschlag der Kommission hätte diese Verpflichtung nur für Nebendienste gegolten, etwa Bezahlfunktionen innerhalb von App-Stores.

Dies ermögliche die „freie Wahl bei Preis und Leistung, Datenschutz und Sicherheit der Messengerdienste“, sagte die grüne Abgeordnete Alexandra Geese. Weniger positiv äußerte sich FDP-Abgeordnete Svenja Hahn, die sagte, die Vorschläge seien „in der Zielrichtung nicht klar und technisch in dieser Form gar nicht umsetzbar“. Das spiegelt die Debatte unter Expert:innen und Netzaktivist:innen wider, von denen einige vehement auf solche Vorschriften drängen, während einzelne Stimmen Bedenken äußern, dass Interoperabilität Innovation hemmen könnte.

Stärken möchte das Parlament auch die Regeln für digitale Werbung. Auch wenn ein gänzliches Verbot von personalisierter Werbung nicht durchgesetzt werden konnte, sieht der Kompromissvorschlag des Parlaments vor, dass persönliche Daten von Minderjährigen „nicht für kommerzielle Zwecke wie Direktmarketing, Profilbildung und auf Verhalten zugeschnittene Werbung“ verwendet werden dürfen. Ähnliches hatte sich etwa Deutschland gewünscht, konnte sich im Rat damit aber nicht durchsetzen.

Parlament: Einigung „so schnell als möglich“

Zudem sollen Publisher und Werbekunden mehr Einblick in das Werbegeschäft der großen Plattformen erhalten. Geschäftskunden von Google, Facebook oder Amazon sollen die gleichen Tools zur Leistungsmessung verwenden dürfen wie die Konzerne selbst, heißt es im Vorschlag des Parlaments. Das soll sicherstellen, dass Werbekunden nicht für Leistungen zahlen, deren Wirkung sie nicht ganz ermessen können. Vor einigen Jahren war etwa Facebook vorgeworfen worden, durch irreführende Angaben über Videozugriffe Publisher verleitet zu haben, im Übermaß auf Videoinhalte zu setzen.

Abseits der großen Streitpunkte haben die EU-Abgeordneten auch zahlreiche kleinere Änderungen am Kommissionsvorschlag vorgenommen, dem Digitale-Märkte-Gesetz könnten daher langwierige Verhandlungen bevorstehen. In den kommenden Wochen dürften Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission über einen endgültigen Text bevorstehen. Der CDU-Abgeordnete Schwab, der die Verhandlungen für das Parlament leitet, hofft auf eine Einigung „so schnell als möglich“, schon 2023 könnte das Gesetz dann in Kraft sein.


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