Wer längere Zeit im Gefängnis gesessen hat, muss sich danach in der Regel ein neues Leben aufbauen. Im besten Fall hilft das soziale Umfeld bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Es kann aber auch passieren, dass sich ehemalige Gefangene alleine eine Wohnung und einen neuen Job suchen müssen. Viele Angebote werden mittlerweile ausschließlich online veröffentlicht, doch viele Häftlinge haben keinen Internetzugang, sie können sich also nur schlecht auf das Leben nach dem Gefängnis vorbereiten. In Berlin soll sich das bald ändern – es gibt aber große Einschränkungen.
Wie RBB 24 berichtet, sollen bis 2023 in allen der fast 4000 Berliner Hafträume Kabel für einen Internetzugang gelegt werden. Die rot-rot-grüne Landesregierung will damit kurz vor der Abgeordnetenhauswahl im September eine im Koalitionsvertrag festgeschriebene Vereinbarung umsetzen.
Die Berliner Justizverwaltung hat nach Informationen von RBB 24 eine entsprechende Ausschreibung für die Internetzugänge in die JVAs veröffentlicht. Im Herbst soll entschieden werden, welches Unternehmen beauftragt wird. Die Ausschreibung hat einen Wert von fünf Millionen Euro. Dem RBB zufolge soll die Investition durch Häftlinge finanziert werden, die für das Internet-Angebot bezahlen. Mehrere Oppositionspolitiker kritisieren die Investition. Sie vermuten, dass das Land Berlin auf einem Großteil der Kosten sitzenbleiben wird.
Keine sozialen Medien, kein Streaming
Die wichtigere Frage aus Sicht der Betroffenen ist allerdings, was genau den Gefängnisinsassen im Netz erlaubt wird. Denn der Internetzugang wird alles andere als frei sein: Nach Angaben der Senatsverwaltung für Justiz können die Häftlinge beispielsweise keine sozialen Medien nutzen oder Videos streamen. Sie können nur einzelne Websites nutzen, vor allem Informations- und Bildungsangebote.
Ob Gefangene überhaupt im Internet surfen dürfen, ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt, weil der Justizvollzug Ländersache ist. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten warnt vor Sicherheitsrisiken.
Bisher bleibt es meistens bei Pilotprojekten
In den vergangenen Jahren gab es in einigen Bundesländern Pilotprojekte, für die den Gefangenen Internet zur Verfügung gestellt würde – allerdings kabelgebunden und ohne mobile Endgeräte. In sechs bayerischen Gefängnissen konnten Häftlinge beispielsweise auf die Website der Bundesagentur für Arbeit zugreifen.
Aus einigen Projekten sind inzwischen dauerhafte Angebote geworden: So können laut dem Portal Legal Tribune Online manche Gefangene aus Bayern oder Brandenburg ein Fernstudium über das Internet absolvieren. Außerdem betreiben mehrere Bundesländer die speziell gesicherte Lernplattform Elis. An der JVA Herford in Nordrhein-Westfalen wurden versuchsweise mehrere Touchscreen-Computer aufgestellt, auf denen die Häftlinge zum Beispiel ihren Kontostand einsehen können. Bald sollen auch Tablets angeschafft werden.
In Baden-Württemberg können Gefangene seit Beginn der Corona-Pandemie Videotelefonate führen. In Hamburg erhielten Inhaftierte während der Corona-Pandemie Handys, um Kontakt nach draußen halten zu können. Die Geräte hatten jedoch keinen Internetzugang und mussten inzwischen wieder abgegeben werden.
Doch darf den Gefangenen ein Internetzugang überhaupt verwehrt werden? Bisher gibt es in Deutschland kein Urteil, das Internet in Gefängniszellen vorschreibt. Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hatte 2019 allerdings entschieden, dass Gefangenen ein Internetzugang nicht pauschal verwehrt werden darf.
Das Bundesverfassungsgericht hat zudem eine „gesteigerte Bedeutung der neuen Medien“ erkannt. Bis heute es bleibt es allerdings den Ländern überlassen, ob sie Häftlinge an der Digitalisierung teilhaben lassen.
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