Corona-News vorweg: Hörbare Neuigkeiten gab es diese Woche von Chris Köver und Serafin Dinges zum Thema SORMAS. Sie haben in der neuen NPP-Podcastfolge besprochen, warum die so vielversprechende und arbeitserleichternde Software zur Kontaktnachverfolgung von COVID-19 bisher nur unzureichend in deutschen Gesundheitsämtern eingesetzt wird. Dafür sprachen sie auch mit Menschen aus diversen Gesundheitsämtern und mit dem Erfinder von SORMAS selbst.
Verhandler*innen der EU-Kommission, des Parlaments und des Rates der EU-Staaten haben inzwischen einen Rechtsrahmen für den EU-weiten „grüne Pass“ für Impf-, Test- und Genesungsnachweise beschlossen. Dieser soll Bürger*innen in der EU Reisefreiheit gewährleisten, indem ein QR-Code alle relevanten Informationen speichert und durch digitale Signatur und Schlüssel Fälschungen verhindern soll.
Immer Ärger um Facebook
Facebook musste sich erneut der Kritik am Umgang mit Daten seiner Nutzer*innen stellen und scheiterte in einem neuen Urteil des Obersten Gerichtshof Irlands. Nach diesem droht dem Konzern nun der Stopp des EU-US-Datentransfers. Jurist Max Schrems erkämpfte das Urteil – in jahrelangem Rechtsstreit mit Facebook und der irischen Datenschutzbehörde.
Damit nicht genug von Facebook: Der Konzern startete diese Woche mit Facebook News ein neues Feature in Deutschland. Dieses soll durch journalistische Inhalte einen „gesellschaftlichen Diskurs“ anregen, kuratiert werden die Inhalte von Redakteur*innen des Axel-Springer-Verlag-Ablegers Upday. Das Feature nutze dabei jedoch weniger den Nutzer*innen als mehr den rund 30 Medienhäusern, die Facebook für das Veröffentlichen ihrer Inhalte bezahlt.
Unbequeme Nachrichten hat diese Woche ebenso Amazon einstecken müssen. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Machtstellung, insbesondere im Online-Handel und auf anderen Online-Marktplätzen, hat das Bundeskartellamt diese Woche ein Verfahren gegen den US-Konzern eingeleitet. Dieses könnte Maßnahmen gegen Amazon zur Folge haben.
Im Gegensatz dazu stand die zunehmende Macht von Nutzer*innen der amerikanischen Kriminalitäts-App Citizen diese Woche in der Kritik. Die App hatte zu Unrecht einen obdachlosen Mann beschuldigt, einen Waldbrand gelegt zu haben und veröffentlichte persönliche Daten sowie ein Kopfgeld in Höhe von 30.000 Dollar. Fachleute und Beamt*innen sprachen unter anderem von „verheerenden“ Maßnahmen, rufschädigenden Folgen und verschobenen Machtdynamiken.
Vom Tracken, Hacken und Überwachen
Wahlkampf-Apps sind ein beliebtes Werkzeug für diverse Parteien, um Daten für den eigenen Haustürwahlkampf zu erfassen. Blöd nur, wenn diese wie bei der App „CDU-connect“ so gravierende Sicherheitslücken aufweisen, dass dadurch tausende persönliche Datensätze einsehbar sind. Die Aktivistin und Hackerin Lilith Wittmann hatte diese Sicherheitslücken gefunden – und das nicht nur bei der CDU. Pia Stenner sprach mit ihr über die Hintergründe zur Recherche und Bedenken bei dem Wahlkampf mit Daten.
Wie man eine digitale Bundestagswahl wie die diesjährige fair gestalten kann, schlug außerdem ein Bündnis aus 19 zivilgesellschaftlichen Organisationen vor. „Campaign Watch“ stellte einen Verhaltenskodex für Parteien im Umgang mit digitaler Werbung vor. Darunter formulierten sie Leitlinien wie „volle Transparenz, umfassender Grundrechtsschutz, keine Desinformation und keine digitale Gewalt“.
Hacken könnten mit Staatstrojanern bald auch vermehrt Geheimdienste die Smartphones und Rechner deutscher Bürger:innen. CDU, CSU und SPD planen eine Ausweitung des Einsatzes von Staatstrojanern. Sachverständige kritisieren zwar den Gesetzesentwurf als verfassungswidrig, die große Koalition will trotzdem bald ein entsprechendes Gesetz beschließen.
Andre Meister berichtete diese Woche über eine Verdopplung der Bestandsdatenauskunft innerhalb der letzten fünf Jahre. Insgesamt hatten Behörden im letzten Jahr 17,45 Millionen Mal in Erfahrung gebracht, wer eine Telefonnummer registriert hatte. Staatlichen Stellen wie beispielsweise Polizei und Geheimdiensten erhalten im Durchschnitt „alle zwei Sekunden einen Datensatz mit Name, Anschrift und weiteren Bestandsdaten“.
Mit dem neuen eID-Gesetz soll es künftig möglich sein, sich online rechtssicher auszuweisen. Dafür wollen Union und SPD nun zentrale Biometriedatenbanken innerhalb der Bundesländer ermöglichen. Eine Zentralisierung der Daten würde die „Nutzung von Körperdaten und den Einsatz von biometrischen Erkennungstechnologien“ normalisieren. Expert*innen kritisierten den Plan von CDU, CSU und SPD.
In einem Gastbeitrag von Tom Jenissen der Digitalen Gesellschaft, in Zusammenarbeit mit Benjamin Bergemann und Volker Grassmuck, geht es außerdem um Kritik am neuen Urheberrechts-Diensteanbietergesetz. Dieses schreibt Diensteanbietern nun gesetzlich Uploadfilter vor. Damit müssen Plattformen wie YouTube bald automatisiert und aktiv die Uploads ihrer Nutzer*innen überwachen, überprüfen und gegebenenfalls sperren. Die Autoren kritisieren mitunter auch die zunehmende Regulierung des Internets. Der Kampf gegen Uploadfilter müsse demnach „offensiv weitergeführt werden“.
Aktivist*innen haben Geodaten von Häusern aus ganz Deutschland veröffentlicht. Einen Teil davon hat Netzaktivist Markus Drenger über die Bundeswebseite gefunden, ein*e Unbekannte*r hatte den Datensatz so ergänzt, dass mittlerweile Datensätze von allen, insgesamt etwa 20 Millionen deutschen Häusern vorliegen. Eine bayerische Vermessungsbehörde versucht nun, gegen die Veröffentlichung vorzugehen.
Von zu vielen Einblicken in zu wenige: Die österreichische Regierung hat einen Gesetzesentwurf verfasst, der mehr Transparenz und ein neues Informationsfreiheitsgesetz schaffen soll. Alexander Fanta hat mit Helen Darbishire und Rachel Hannah von der NGO Access Info über den unzureichenden, öffentlichen Informationszugangs Österreichs gesprochen. Außerdem berichteten die Expertinnen, welche Probleme auch der neue Entwurf der Regierung aufweist.
Matthias Monroy berichtete zudem von neuen Schritten hin zu einer EU-weiten Regelung für den Zugriff von Behörden auf verschlüsselte Inhalte. Betroffen seien sollen davon nach den Vorstellungen des EU-Ratsvorsitzlandes Portugal unter anderem Internetdienstleister und Gerätehersteller.
Zwischen digitaler Abstinenz und digitalen Empfehlungen
Die Frage, was eigentlich aus der Bundeszentrale für digitale Aufklärung wurde, stellten wir diese Woche Dorothee Bär in einem Beitrag. Die im vergangenen Jahr von der Staatsministerin für Digitalisierung angekündigte Bundeszentrale sollte eigentlich unter anderem über neue Technologien informieren und Erwachsene über den Umgang mit sozialen Medien, Datenschutz, Falschnachrichten, Hassrede und Cybermobbing aufklären. Bis heute ist davon jedoch nicht viel zu sehen.
Ein Ausblick für alle Wissbegierigen diese Woche: Die vom 20.-22. Mai stattfindende re:publica 2021. Die größte Internet-Gesellschaftskonferenz Europas findet dieses Jahr aufgrund der Pandemie erneut im Internet statt und bietet noch bis morgen Vorträge, Talks und Debatten rundum mediale, medienpolitische und gesellschaftliche Themen. Pia Stenner und Markus Beckedahl haben eine kleine Übersicht über einen Teil der Programmpunkte zusammengestellt.
Auch Alexander Fanta hat bereits in das Programm geschaut und über einen Vortrag der Vizechefin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, berichtet. Die Europäische Kommission schlug ein neues Gesetz vor, das biometrische Überwachung an öffentlichen Orten weitgehend untersagen soll. Ausnahmen sollte es nach Vestager nur wenige geben, darunter beispielsweise für die Suche nach vermissten Kindern oder Terrorverdächtigen. Die Politikerin verteidigte den Gesetzesvorschlag damit, die EU sei kein Kontinent der Massenüberwachung.
P.S.: Wer kein Ticket für die Live-Streams der re:publica hat, kann sich übrigens alle Videos im Anschluss an die Veranstaltung auf den Kanälen der Konferenz anschauen. Mit diesem kleinen Tipp und ein paar sich ankündigenden Sonnenstrahlen verabschieden wir uns hiermit ins verlängerte Wochenende. Bis bald!
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