Noch vor den Sommerferien will die Bundesregierung einen digitalen Impfnachweis zur Verfügung stellen. Wie der Nachweis genau ausgestaltet sein wird, war in dieser Woche Thema im Ausschuss Digitale Agenda. Schon zum Start soll der digitale Impfpass in die Corona-Warn-App integriert werden können. Außerdem speichern die Nutzer:innen des digitalen Angebots ihre Daten ausschließlich auf ihren Smartphones und nicht auf einem zentralen Server. Die technische Ausgestaltung wird vollständig Open-Source sein, das heißt für die Öffentlichkeit zugänglich und überprüfbar.
Der Impfnachweis soll aus drei Teilen bestehen. Impfzentren und Arztpraxen bekommen eine Software zur Verfügung gestellt, in dem sie die Daten der Impfung, also beispielsweise Termin oder Impfstoff, und Name und ggf. Geburtsdatum der geimpften Person eintragen. Daraus erstellt die Software dann einen QR-Code, den die Nutzer:innen scannen oder ausdrucken können. So landet der QR-Code, der alle wichtigen Informationen für den Nachweis einer Impfung enthält, auf dem eigenen Smartphone oder – für Menschen, die ihn nicht digital nutzen möchten – auf einem Stück Papier.
Der zweite Teil des Nachweises soll eine App werden, in der die Nutzer:innen ihren QR-Code speichern können. Sie können ihn so bei Bedarf digital vorzeigen und auch wieder löschen. Das soll schon zum geplanten Start des Angebots Mitte des zweiten Quartals auch in der Corona-Warn-App möglich sein.
Die dritte Komponente wird eine Anwendung für diejenigen Stellen, die nachprüfen, ob eine Person geimpft ist. Welche Stellen das letztendlich sein werden, hängt davon ab, welche Privilegien Menschen mit einer Impfung bekommen. Da der Pass vor allem die Reisefreiheit teilweise zurückbringen soll, könnte die dritte Komponente zunächst vor allem an Ländergrenzen zum Einsatz kommen.
Die fünf Blockchains sind vom Tisch
Offen ist, wie der Nachweis für die Menschen funktionieren soll, die bis zum Start der digitalen Lösung bereits ihre Impfung erhalten haben. Bislang wurden Impfungen in den gelben Papier-Impfpässen dokumentiert. Diese weltweit gültigen Impfpässe sollen durch das digitale Angebot nicht ersetzt, sondern ergänzt werden. Der digitale Impfnachweis gilt nur für die Covid19-Impfung und soll mit dem Ende der Corona-Pandemie wieder abgeschafft werden.
Die ursprünglich vorgesehene Ausgestaltung des Nachweises über die Blockchain-Technologie ist vom Tisch. Für das Vorhaben der Firma Ubirch, den digitalen Impfpass mit fünf Blockchains fälschungssicher zu machen, gab es im Vorfeld viel Kritik, insbesondere weil der Impfpass so nicht mit den Anforderungen der Europäischen Union zusammengepasst hätte. Die EU-Kommission hatte Ende März einen Vorschlag für ein europaweites Nachweissystem gemacht. Ubirch entwickelt das deutsche Angebot gemeinsam mit IBM, Govdigital und Bechtle.
Auf Twitter informiert Ubirch knapp darüber, dass „in der ersten Implementierungsphase“ keine Blockchain-Technologie vorgesehen sei. Auf der Webseite der Firma wird das eigene Angebot für einen digitalen Impfpass zwar weiterhin mit Blockchain beschrieben, im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung aber auf ein FAQ des Gesundheitsministeriums verlinkt, das keine Blockchain-Nutzung vorsieht, da das deutsche Angebot sich nach den EU-Vorgabe richte, um mit Systemen anderer Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten zu können.
Reisefreiheit auch mit negativem Testergebnis
Ein EU-weites System sei laut Ministerium nicht möglich, da eine entsprechende Ausschreibung zu lange gedauert hätte und die EU-Staaten unterschiedliche Systeme zur Impfdokumentation verwenden würden, die schwer miteinander in Einklang zu bringen seien.
Menschen, die noch keine Impfung erhalten haben, sollen nach dem Wunsch der EU-Kommission nicht von der Reisefreiheit ausgeschlossen werden, insbesondere da ein Großteil der Bevölkerung noch gar kein Impfangebot bekommen hat. Wer mit einem QR-Code ein aktuelles, negatives Corona-Testergebnis vorweisen kann, dürften dann ebenfalls reisen.
Aus den Informationen der Bundesregierung geht nicht hervor, ob negative Testergebnisse im selben System zur Verfügung gestellt werden sollen wie die Impfungen. Wir haben hierzu im Bundesgesundheitsministerium nachgefragt, die Antwort tragen wir nach.
Auch offen ist, ob und wie Menschen, die eine Infektion durchgemacht haben und nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zumindest eine Zeit lang gegen eine Neuinfektion geschützt sind, von einem digitalen Angebot berücksichtigt werden könnten. Einen derartigen Immunitätsausweis plante Gesundheitsminister Spahn schon zu Beginn der Pandemie.
Der Ethikrat riet in einer Stellungnahme davon ab, bis die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Immunität klarer seien. Auch beim digitalen Impfpass gibt es diese Bedenken. Die WHO äußerte sich Anfang März kritisch zu den EU-Plänen. Solange nicht geklärt sei, wie lange die Immunität nach einer Impfung anhalte, sei eine solche Lösung gefährlich für den Pandemieverlauf.
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