Ticker

6/recent/ticker-posts

Ad Code

Responsive Advertisement

Wikileaks: Promis rufen Außenministerin Baerbock zur Hilfe für Julian Assange auf

Julian Assange hat die rechtlichen Möglichkeiten gegen seine Auslieferung an die USA fast ausgeschöpft. Nun machen mehr als 80 Prominente aus Deutschland Druck auf Außenministerin Baerbock. Sie soll auf ihrer USA-Reise die Freilassung des Wikileaks-Gründers fordern.

Graffiti mit dem Gesicht von Julian Assange und der Aufschrift "Free Assange"
Die Solidarität für Julian Assange ist international. Hier ein Graffiti in Sydney. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / AAP

Mehr als 80 Prominente, unter ihnen viele Journalist:innen und Kulturschaffende, setzen sich für die Freilassung des in Großbritannien inhaftierten Wikileaks-Gründers Julian Assange ein. In einem offenen Brief (PDF) an Annalena Baerbock fordern sie die Außenministerin auf, bei den „Gesprächen in Washington dafür Brücken zu bauen, dass Julian Assange nicht länger in Haft bleibt und endlich freikommt“. Baerbock besucht in den kommenden Tagen die Vereinigten Staaten und könnte dort den Fall Assange ansprechen.

Im Brief verweisen die Unterzeichnenden auf die australische Regierung sowie die Staatsoberhäupter und Regierungschefs von vier lateinamerikanischen Ländern, welche die die Freilassung von Assange gefordert haben. „Schließen Sie sich bitte Ihnen an“, heißt es in dem Brief, den auch mehrere ehemalige Bundesminister:innen wie Herta Däubler-Gmelin, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Sigmar Gabriel und Gerhart Baum unterschrieben haben. Auch Markus Beckedahl von netzpolitik.org hat unterzeichnet.

Kaum noch rechtliche Möglichkeiten

Nach einem zwölfjährigen Rechtsstreit hatte ein britisches Gericht im Juni 2022 beschlossen, dass Julian Assange an die USA ausgeliefert werden könne. Kurz darauf legte der seit 2019 offiziell Inhaftierte erneut Berufung gegen die Entscheidung ein. Nach fast einem Jahr erhielt er am 6. Juni dieses Jahres vom Obersten Gerichtshof des Landes eine nur drei Seiten lange Antwort, die das ablehnte.

Assange beruft sich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit und erhebt den Vorwurf, dass das langwierige Auslieferungsverfahren an sich einen Prozessmissbrauch darstelle. Darüber hinaus kritisiert er, dass es sich um einen politisch motivierten und nicht um einen rechtlichen Vorgang handle. In diesem Fall wäre eine Auslieferung laut britischem Recht verboten.

Seine Ehefrau Stella Assange hatte damals auf Twitter angekündigt, eine weitere Berufung einzulegen. Eine darauf folgende öffentliche Anhörung wäre die letzte Möglichkeit auf nationaler Ebene, eine Auslieferung noch abzuwenden. Danach bleibt Assange laut Reporter ohne Grenzen lediglich eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, bevor alle rechtlichen Optionen erschöpft sind.

Julian Assange drohen in den USA bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. Ihm wird vorgeworfen, mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen in Afghanistan und Irak gestohlen und veröffentlicht zu haben. Unterstützer:innen, unter ihnen zahlreiche Medien und Pressefreiheitsorganisationen, sehen in Assange einen Journalisten, der den Schutz der Pressefreiheit genießt.


Offener Brief vom 8. September 2023

 

FÜR DIE FREIHEIT VON JULIAN ASSANGE HANDELN

Sehr geehrte Frau Ministerin Baerbock,

wir sind in großer Sorge um die Gesundheit und das Leben des Journalisten Julian Assange sowie die Bedrohung der Meinungs- und Pressefreiheit in Europa. Deshalb wenden wir uns in Vorfeld Ihrer Reise in die USA an Sie.
Seit nunmehr 13 Jahren kann Assange, der Gründer und Herausgeber der Enthüllungsplattform Wikileaks nicht mehr in Freiheit leben. Seit April 2019 ist er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London inhaftiert, wo er auf die Entscheidung warten muss, ob er von Großbritannien an die USA ausgeliefert wird. Dort erwarten ihn wegen seiner journalistischen Arbeit eine Anklage wegen Spionage, es droht ihm eine Höchststrafe von 175 Jahren Haft.
Wir teilen die Auffassung von Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und nahezu allen Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbänden weltweit, dass die Verfolgung von Julian Assange einen schwerwiegenden Angriff auf die Medienfreiheit darstellt, den es mit aller Entschlossenheit zurückzuweisen gilt. Die anhaltende Inhaftierung von Assange, deren Ende nicht in Sicht ist, steht in eklatantem Widerspruch zum universellen Grundrecht auf Meinungsfreiheit.

Wir erinnern an Ihre Erklärung im September 2021 nur wenige Tage vor der Bundestagswahl, in der Sie sich der Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 2020 sowie dem Appell des UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer angeschlossen und die „sofortige Freilassung“ von Julian Assange gefordert haben.
Wir erwarten, dass Sie, als Mitglied der Bundesregierung, bei Ihren bevorstehenden Gesprächen in Washington etwa mit Ihrem Amtskollegen Antony Blinken den Fall Assange zur Sprache bringen und sich deutlich für ein Ende der Verfolgung von Assange einsetzen. In Ihrem Einsatz für verfolgte Journalisten darf es keine doppelten Standards geben. Es ist paradox, berechtigte Kritik an der Unterdrückung von Journalisten in Diktaturen zu üben, aber zu der Verfolgung von Assange durch die Führungsmacht des Freien Westens zu schweigen. Eine wertebasierte Außenpolitik muss auch gegenüber Partnern und Verbündeten gelten. Wer sich den Menschenrechten und der Demokratie verpflichtet sieht, kommt nicht umhin, sich auch für die Freiheit von Julian Assange einzusetzen.

Die australische Regierung, aber auch die Staatsoberhäupter und Regierungschefs von vier lateinamerikanischen Ländern haben die Freilassung von Assange gefordert. Schließen Sie sich bitte Ihnen an. Ihre Kabinettskollegin und Parteifreundin Claudia Roth hat erklärt, dass „seine Freilassung ein gutes Signal für die Pressefreiheit“ wäre. Die Schikanen, der er in der Auslieferungshaft unterworfen ist, sind ein Skandal. Angesichts seines sich stetig verschlechternden Gesundheitszustands besteht akuter Handlungsbedarf.

Wie Sie wissen, liegt es in der Hand von US-Präsident Biden und seiner Regierung, das Ermittlungsverfahren gegen Assange zu beenden. Wir begrüßen, dass Präsident Barack Obama im Jahr 2017 bereits die US-Whistleblowerin Chelsea Manning begnadigt hat und sie nun in Freiheit leben kann. Wir bitten Sie eindringlich, bei all Ihren Gesprächen in Washington dafür Brücken zu bauen, dass Julian Assange nicht länger in Haft bleibt und endlich freikommt.
Handeln Sie, nicht zuletzt zur Verteidigung der Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland und Europa und damit zur Rettung eines zu Unrecht verfolgten Journalisten!

Hochachtungsvoll und mit hoffnungsvollen Grüßen


Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.

Enregistrer un commentaire

0 Commentaires