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Menschenrechte: UN-Studie fordert drastisches Umdenken bei digitalen Grenzkontrollen

Was müsste passieren, damit Staaten nicht mehr Abschottung, sondern die Einhaltung der Menschenrechte in den Mittelpunkt ihrer digitalen Grenzkontrollen stellten? Eine neue Studie im Auftrag der UN gibt dazu Empfehlungen ab – und fordert klare Standards.

Eine Reihe von Grenzterminals in einem geschlossenen Raum.
Am ungarischen Grenzübergang bei Röszke müssen sich Busreisende an automatischen Terminals mit Fingerabdrücken registrieren. – Alle Rechte vorbehalten Secunet

Drohnen, biometrische Gesichtserkennung oder sogenannte Lügendetektoren: Um irreguläre Migration zu verhindern, errichten Staaten neben Zäunen und Wachposten auch eine „digitale Grenze“. Sie setzen neue Technologien ein, um Menschen an oder vor der Grenze aufzuspüren, sie wieder zurückzuschieben oder sie gar nicht erst einreisen zu lassen. Eine neue Studie im Auftrag des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte fordert jetzt, einen Teil dieser Technologien pauschal zu verbieten. Bestimmte Technologien wie biometrische Identifizierung oder Lügendetektoren seien grundsätzlich unvereinbar mit menschenrechtlichen Standards und sollten daher in der Migrationskontrolle komplett verboten werden.

Die Studie geht aber noch wesentlich weiter und fordert ein grundsätzliches Umdenken in der Grenz- und Migrationskontrolle. Die beiden Autorinnen, die Juristinnen Lorna McGregor und Petra Molnar, stellen die grundsätzliche Frage, warum solche Technologien überhaupt in den vergangenen Jahren vermehrt zum Einsatz kommen. Und stellen fest: Auch ein Verbot von invasiven Technologien wird nichts ändern, so lange Grenzkontrollen nicht auf der Einhaltung von Menschenrechten basieren, sondern auf Abschottung. Schritt eins sei daher sicherzustellen, dass hier ein Umdenken stattfinde und die grundlegenden Rechte von Migrant:innen im Mittelpunkt stehen.

Folgenabschätzung und Transparenz

In einem zweiten Schritt, so die Empfehlung der Studie, sollten Staaten sicherstellen, dass alle Technologien noch vor ihrer Einführung überprüft werden: Sind sie tatsächlich notwendig, um die erklärten Ziele zu erreichen? Wie wirken sie sich auf Menschenrechte wie das Recht auf Diskriminierungsfreiheit aus? Ist ihr Einsatz verhältnismäßig oder ließe sich das Ziel auch ohne die Technologie erreichen? Auch nach einer möglichen Einführung müssten die Technologien regelmäßig überprüft und von unabhängigen Stellen beaufsichtigt werden.

Damit Betroffene im Zweifel Beschwerde gegen bestimmte Entscheidungen einlegen könnten, müssten Staaten außerdem offenlegen, wie und mit welchen Zweck die Technologien eingesetzt wurden. All das sollte auch für solche Systeme gelten, die bereits im Einsatz sind.

Deren Einsatz, das macht die Studie klar, beschränkt sich inzwischen längst nicht mehr auf die Grenzen selbst, sondern reicht bis in die Heimatländer der Betroffenen, wenn etwa mit Hilfe von Sozialen Medien oder Handydaten Bewegungsprognosen erstellt werden. Auf der anderen Seite reicht sie auch in die Zeit nach dem Grenzübertritt hinein, wenn etwa Migrant:innen mit Hilfe von Einträgen in Datenbanken im Zielland aufgespürt und abgeschoben werden sollen.

Milliarden für die virtuelle Grenze

Die Empfehlungen im Auftrag des UN-Menschenrechtskommissars erscheinen zu einem Zeitpunkt, zu dem die EU vor allem auf weitere Abschottung setzt – und auf viele neue Technologien beim „Management“ ihrer Außengrenzen. Fast zwei Milliarden Euro haben EU-Agenturen wie EU-Lisa und Frontex in den vergangenen Jahren etwa für Verträge zur Grenzkontrolle ausgegeben.

Der größte Teil des Geldes fließt in den Aufbau einer neuen Super-Datenbank, das Elektronische Einreise-/Ausreisesystem (Entry-Exit-System, EES). Es soll im Laufe des Jahres fertig werden. Wer aus Drittstaaten in die EU einreist, muss dafür künftig Fingerabdrücke und Gesichtsbilder abgeben. Teilnehmende EU-Staaten können die Datenbank zentral durchsuchen, sie werden auch verknüpft mit anderen Dateien wie dem EURODAC-System, in dem die Fingerabdrücke von Asylbewerber:innen gespeichert sind.

Auch innerhalb Deutschlands setzen Behörden wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf digitale Technologien im Asylprozess. So wertet das BAMF seit mehreren Jahren die Mobiltelefone von Menschen aus, die Asyl beantragen, um darauf nach Rückschlüssen auf ihre Identität zu suchen. Auch die Ausländerbehörden dürfen die Geräte von geduldeten Menschen durchsuchen, um diese effektiver in vermeintliche Heimatländer abschieben zu können.


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