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Staatstrojaner: Polizei in Frankreich soll Telefone hacken dürfen

In Frankreich soll die Polizei den Standort von Verdächtigen über ihre Telefone und sonstigen Geräte verfolgen und sie aus der Ferne abhören dürfen. Kritiker:innen warnen davor, dass Staatstrojaner grundlegende Freiheitsrechte gefährden.

Menschen schauen auf ihr Handy
Die Polizei In Frankreich: darf ab jetzt auch in der Hosentasche dabei sein. Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Robin Worrall

In Frankreich soll die Polizei bald Verdächtige mit Hilfe ihrer Geräte verfolgen und überwachen dürfen. Sie soll etwa Kameras, Mikrophone und GPS-Systeme im Telefon aus der Ferne aktivieren dürfen. Auch Computer, Autos oder andere vernetzte Geräte könnten auf diese Weise gehackt werden. Eine entsprechende Regulierung haben französische Gesetzgeber:innen am Mittwochabend auf den Weg gebracht. Die Erlaubnis zum staatlichen Hacken ist Teil einer größeren Justizreform. Bürgerrechtsorganisationen verurteilen den Vorstoß als schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre. Justizminister Éric Dupond-Moretti beschwichtigt, es gehe nur um „ein Dutzend Fälle im Jahr“.

Die Reform würde das Hacken von vernetzten Geräten erlauben, um damit etwa den Standort einer verdächtigen Person zu verfolgen oder sie abzuhören. Für jede der Maßnahmen wäre eine richterliche Genehmigung nötig, die Gesamtdauer würde sechs Monate nicht überschreiten. Das Tracken von Standortdaten wäre außerdem nur für mutmaßliche Straftaten erlaubt, auf die mehr als fünf Jahre Gefängnis stehen. Auch würden Berufsgeheimnisträger:innen wie Journalist:innen, Ärzt:innen oder Anwält:innen als Ziele ausgenommen sein.

Diese Einschränkungen hatten Abgeordnete der Regierungspartei am Mittwochabend während der Parlamentsdebatte noch eingebracht, berichtet Le Monde. Die Maßnahme wurde demnach in erster Lesung verabschiedet.

„Abgleiten in eine überzogene Sicherheit“

Organisationen wie La Quadrature du Net warnen vor den Folgen des geplanten Gesetzes. Die Bestimmungen „geben Anlass zu ernster Besorgnis über die Verletzung grundlegender Freiheitsrechte“, schrieb La Quadrature bereits in einer Erklärung vom Mai. Betroffen seien etwa das „Recht auf Sicherheit, das Recht auf ein Privatleben und auf private Korrespondenz“. Die Organisation bezeichnete den Vorschlag als Teil eines „Abgleitens in eine überzogene Sicherheit“.

Dass die Überwachungsmaßnahmen laut dem Gesetzentwurf lediglich für „schwere Straftaten“ vorgesehen sind, überzeugt die NGO nicht. Diese seien auch schon herangezogen worden um politische Aktivist:innen zu verfolgen. Als Beispiel nennt die NGO etwa „Personen, die sich mit Migrant:innen solidarisieren und der bandenmäßigen Beihilfe zur Einreise von Personen beschuldigt werden“. Betroffen seien auch Umweltaktivist:innen oder Menschen, die  gegen die Einlagerung von Atommüll mobil machen. Auch Zuhälterei, die in Frankreich stark kriminalisiert ist, und die Herstellung von Drogen seien in der Vergangenheit schon Grund für Überwachung gewesen.

Staatstrojaner im Mittelpunkt

Rein technisch betrachtet bedeutet die Reform, dass die Polizei nicht mehr nur Orte physisch verwanzen dürfte, sondern auch Geräte unbemerkt aus der Ferne hacken und abhören, so dass sie zur Wanze werden. Dazu muss die Polizei Sicherheitslücken in den Geräten ausnutzen, um unbemerkt sogenannte Staatstrojaner auf dem Gerät zu installieren. Diese Software kaufen staatliche Behörden in der Regel bei kommerziellen Herstellern ein. Immer wieder tauchen die Programme auch in autoritären Staaten auf, wo sie zur Unterdrückung der Opposition oder der Presse eingesetzt werden. Fachleute kritisieren außerdem, dass der Staat eher dafür sorgen sollte, Sicherheitslücken in Hardware und Software zu schließen als sie für eigene Zwecke offenzuhalten.

Zuletzt war auch in der EU bekannt geworden, dass zahlreiche Mitgliedstaaten Staatstrojaner wie Pegasus oder Predator zur Überwachung von Politiker:innen, Presse oder  politischen Gegnern eingesetzt hatten. Im Mittelpunkt der Skandale stehen Ungarn, Polen, Spanien und Griechenland. Aus Frankreich sind keine Fälle unrechtmäßiger Überwachung von Seite des Staates bekannt geworden, allerdings waren die Geräte mehrerer Regierungsmitglieder, darunter auch Staatsoberhaupt Emmanuel Macron, selbst ins Visier geraten.

Die Trojaner und ihr Missbrauch waren deswegen gerade mehr als ein Jahr lang Gegenstand einer Untersuchung im EU-Parlament. Viele Politiker:innen und Fachleute fordern ein vollständiges Verbot solcher Technologien in der EU, weil sie eine zu große Gefahr für die Demokratie darstellten. Das EU-Parlament konnte sich dazu nicht durchringen, es hatte die Kommission lediglich zu einem Moratorium aufgefordert.


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