Ticker

6/recent/ticker-posts

Ad Code

Responsive Advertisement

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder: Löschen statt Sperren funktioniert weiterhin gut

Hosting-Anbieter in Deutschland löschen Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder meist innerhalb weniger Tage von ihren Servern. Widersprüchliche Aussagen gibt es allerdings darüber, ob das Bundeskriminalamt für die Aufforderung zum Löschen zuständig ist.

Ikonofrafierte Darstellung Mensch schmeißt Müll in den Mülleimer
Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder werden national und international erfolgreich gelöscht. (Symbolbild) Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Kinga Lopatin

Die Bundesregierung hat ihren jährlichen Bericht (PDF) über die Löschbemühungen im Hinblick auf „kinderpornografische“ Inhalte vorgelegt. Das Prinzip „Löschen statt Sperren“ ist demnach weiterhin ein Erfolgsrezept gegen die Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder.

Bei in Deutschland gehosteten Inhalten waren demnach 97,5 Prozent dieser Inhalte innerhalb einer Woche nach Meldung gelöscht, fast zwei Drittel (62 Prozent) schon zwei Tagen nach einem Hinweis des BKA. Bei den verbleibenden 2,5 Prozent der Inhalte, die nach einer Woche nicht gelöscht sind, handelt es sich dem Bericht zufolge unter anderem um Fälle, bei denen aus ermittlungstaktischen Gründen auf die Löschung verzichtet wird.

Laut des Berichts dauert der Vorgang von der Meldung eines Inhaltes bei einer Beschwerdestelle über deren Meldung beim BKA etwa einen Tag und dann vom BKA bis zur Löschung durch den Provider hierzulande durchschnittlich weitere 2,5 Tage.

Die hierzulande gehosteten Inhalte machten mit 56 Prozent mehr als die Hälfte der insgesamt fast 12.000 Hinweise aus, die beim Bundeskriminalamt in die Statistik einflossen.

97,5 Prozent nach einer Woche gelöscht

Die Löschung im Ausland erfolgt in der Regel etwas langsamer: Hier waren knapp 60 Prozent der Inhalte nach einer Woche gelöscht und etwa 88 Prozent nach einem Monat. Grund für die geringere Löschquote ist zum einen ein erschwerter Zugang zu den ausländischen Providern; zum anderen gelten hierzulande strengere Gesetze als in vielen anderen Hosting-Ländern, wo manche Inhalte nicht illegal sind.

Die meisten der beanstandeten Inhalte befanden sich auf Servern in den USA, Russland und den Niederlanden. Diese drei Länder machten etwa die Hälfte der Hinweise im Ausland aus. Der Bericht zur Löschung wird seit 2013 jährlich veröffentlicht.

Etabliertes Meldeschema

Der Meldeablauf in Deutschland sieht vor, dass Meldungen sowohl durch die Polizei als auch durch Beschwerdestellen erfolgen können. Letztere geben Hinweise an das Bundeskriminalamt (BKA) weiter, das gegebenenfalls Ermittlungen einleitet. In Abstimmung mit den Meldestellen bittet das BKA die Hosting-Anbieter, bestimmte Inhalte zu löschen.

Prozess der Hinweisbearbeitung von in Deutschland gehosteten Inhalten - Alle Rechte vorbehalten Bundesregierung

Im vergangenen Jahr war das Bundeskriminalamt infolge einer Recherche in die Kritik geraten. Demnach hatte das BKA trotz Kenntnis tausende Links zu Material von Kindesmissbrauchsdarstellungen nicht bei den jeweiligen Hosting-Anbietern gemeldet – weshalb diese abrufbar blieben. Das BKA begründete dies damals mit fehlendem Personal. Die Recherche löste eine Welle der Empörung aus.

Laut Antwort auf eine kleine Anfrage (PDF) im März dieses Jahres sei das Bundeskriminalamt (BKA) der Bundesregierung zufolge ohnehin nicht dafür zuständig, entdeckte Materialien von Kindesmissbrauch im Internet an die jeweiligen Provider zu melden. Auch ergebe sich weder aus dem Bundeskriminalamtgesetz noch aus anderen Gesetzen wie dem NetzDG oder Telemediengesetzen eine Rechtsgrundlage, die dem BKA die Löschung rechtswidriger Inhalte im Internet anordne.

Widersprüchliche Haltung zur Rolle des BKA 

Die Einschätzung der Bundesregierung steht jedoch im Widerspruch zu einer aktuellen Aussage der Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Faeser sieht sowohl für ihr Haus als auch für die Ermittlungsbehörden die „höchste Priorität“ darin, zu verhindern, dass Missbrauchsdarstellungen über das Internet verbreitet werden. „Dafür hat die schnelle und konsequente Löschung besondere Bedeutung“, so die Ministerin.

Auf eine kurzfristige Anfrage von netzpolitik.org zu diesem Widerspruch hat das Bundesinnenministerium noch nicht geantwortet. Wir reichen die Antwort nach, sobald diese eingegangen ist.


Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.

Enregistrer un commentaire

0 Commentaires