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Ukraine-Krieg: Türkische Kampfdrohnen angeblich weiterhin im Einsatz

Das Bild zeigt eine Drohne "TB2" auf einem Rollfeld or Lastwagen mit Antennen.
Die ersten „TB2“ erhielt die Ukraine 2019, im April 2021 sollen sie einsatzbereit gewesen sein. – Verteidigungsministerium Ukraine

Trotz der russischen Angriffe auf Hunderte Militärstützpunkte in der Ukraine verfügt die ukrainische Luftwaffe offenbar immer noch über funktionsfähige Kampfdrohnen. Das Verteidigungsministerium bestätigte gestern zwei Angriffe durch die „Bayraktar TB2“ aus türkischer Produktion. Auf Facebook betonte der Chef der Luftwaffe die wichtige Bedeutung der Drohnen bei der Landesverteidigung. Ein konkreter Zeitpunkt der Einsätze wurde nicht genannt.

Einer der Drohnenangriffe soll nahe der Stadt Malyn, 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew, erfolgt sein. Dort sind den ukrainischen Streitkräften zufolge zwei russische BUK-Boden-Luft-Raketensysteme zerstört worden, laut anderer Berichte wurden ein weiteres Luftabwehrsystem, vier Haubitzen und vierzehn Militärfahrzeuge getroffen. Dies lässt sich nicht unabhängig verifizieren. Die Meldung ist jedoch von hoher symbolischer Bedeutung, da das BUK-Lenkwaffensystem auch zur Drohnenabwehr eingesetzt wird.

„Göttliche Gerechtigkeit“ für russischen Angriff in Syrien

In Tschornobajiwka im Süden der Ukraine soll ein Konvoi aus Dutzenden Fahrzeugen getroffen worden sein, auf einem Video ist ein Einschlag mit einem Feuerball und einer Rauchwolke zu erkennen. Weitere Bilder, die von der ukrainischen Botschaft in Ankara gepostet wurden, zeigen verkohlte Wracks von Militärfahrzeugen. Bei dem Angriff habe es sich der Botschaft zufolge um „göttliche Gerechtigkeit“ für einen russischen Angriff auf den Tag genau zwei Jahre zuvor in Syrien gehandelt. Dort hatte das russische Militär 34 türkische Soldaten getötet.

Die ersten sechs „TB2“ wurden 2019 an die Ukraine geliefert, es war der erste Verkauf der türkischen Kampfdrohnen durch die Herstellerfirma Baykar Industries an eine europäische Regierung. Sie können 24 Stunden lang in der Luft bleiben und mit einem Abfluggewicht von 650 Kilogramm acht Kilometer aufsteigen. Im Kampfeinsatz tragen die Drohnen bis zu vier Raketen an Aufhängepunkten unter ihren Flügeln. Soweit bekannt werden die ukrainischen „TB2“ nicht per Satellit gesteuert, dies verringert ihre Reichweite im Kampfeinsatz auf rund 100 Kilometer.

Im April 2021 sollen die ersten „TB2“ einsatzbereit gewesen sein. In einer zweiten Tranche hatte die Ukraine weitere 24 Exemplare bei Baykar bestellt, ob diese aber wie verabredet ab 2021 eintrafen, ist unklar. Im letzten Herbst soll der Bestand bei zwölf Drohnen gelegen haben, auch die Marine soll darüber verfügen. Mindestens sieben „TB2“ seien jedoch in den letzten Tagen abgeschossen worden, meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS.

Erster Einsatz im Donbass

Der erste – und bis zum jetzigen russischen Angriffskrieg einzige – bekannt gewordene Einsatz einer „TB2“ der ukrainischen Luftwaffe erfolgte am 26. Oktober 2021. Damals wurde eine Haubitze der von Russland unterstützten Separatisten im Donbass zerstört. Russland hatte deshalb bei der OSZE einen Verstoß gegen das Minsker Abkommen moniert. Der damalige Angriff gilt als einer der Gründe, die von der Regierung in Moskau als Beleg einer ukrainischen Aggression angeführt werden. Auch die deutsche und die französische Regierung sollen darüber besorgt gewesen sein.

Der Vorfall hatte zudem Auswirkungen auf das russische Verhältnis zur Türkei, deren Außenminister nach dem Verkauf der „TB2“ jede Verantwortung für deren Einsätze von sich wies. Auch die Lenkwaffen stammen jedoch aus der Türkei. Der Abschuss im Oktober soll durch eine MAM-C-Rakete erfolgt sein, bei den jüngsten Angriffen könnten die schwereren MAM-L- oder MAM-T-Raketen eingesetzt worden sein.

Weitere NATO-Staaten wollen angeblich „TB2“ bestellen

Bei ihrem Angriff in Tschornobajiwka soll die Kampfdrohne mit Sensorik der Firma WESCAM aus Kanada ausgestattet gewesen sein. Im von der Türkei unterstützten Angriffskrieg Aserbaidschans gegen Armenien waren die „TB2“ nach Meinung vieler Beobachter:innen entscheidend für den Sieg. Weil sie dabei mit WESCAM-Produkten flogen, hatte die Regierung in Ottawa ein Exportverbot verhängt. Der türkische Hersteller griff daraufhin auch auf deutsche Sensorik der Firma Hensoldt zurück. Inzwischen will Baykar die ausländische Technik nach eigenen Angaben durch türkische Fabrikate ersetzt haben.

Weitere Einsätze der „TB2“ erfolgen derzeit durch die Türkei in mehreren Teilen Kurdistans, durch Marokko in der besetzten Westsahara und durch das Militär in Äthiopien. Auch dort könnten sie ein Gamechanger im Kampf gegen die Rebellen gewesen sein. Wegen der hohen Nachfrage hatte das ukrainische Außenministerium mit der Türkei vereinbart, mit dem türkischen Hersteller Baykar eine Fabrik für die Produktion unbemannter Luftfahrzeuge zu errichten, dort sollten 48 weitere „TB2“ gebaut werden. Geplant war außerdem die gemeinsame Produktion von Motoren für eine neue, noch größere türkischen Kampfdrohne.

Letztes Jahr hatte Polen als erstes NATO-Land 24 „TB2“ in der Türkei bestellt, auch die Regierungen in Lettland und Litauen sollen sich Berichten zufolge für die Waffe interessieren. Als erste der ehemaligen Sowjet-Republiken hat Kirgistan im Dezember eine Lieferung türkischer Kampfdrohnen erhalten.


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