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Verfassungsbeschwerde: Immer feste drauf auf die Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung sorgt immer wieder für Proteste, hier etwa im Jahr 2015. CC-BY-NC 2.0 Pursche / Grodotzki / Campact

Sie lassen nicht ab: Digitalcourage, der AK Vorrat und 23 betroffene prominente Verbände, Künstlerinnen, Journalisten, Anwältinnen und Ärzte gehen weiter gegen die Vorratsdatenspeicherung (VDS) vor. Das lose Bündnis hat letzte Woche seinen Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht angepasst, um auf die im Dezember in Kraft getretene Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zu reagieren.

Obwohl die anlasslose Speicherung von Verbindungs- und Standortdaten aller Nutzer:innen aufgrund von Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hierzulande ausgesetzt ist, übernahm die vergangene schwarz-rote Koalition die auf Eis liegende Regelung praktisch wortgleich in das neue TKG. Würde der EuGH ein ihr genehmes Urteil sprechen, so die Überlegung der damaligen Regierung, könnte die VDS unmittelbar und ohne langwierige Gesetzesänderung umgesetzt werden.

Das wollen die Aktivist:innen verhindern. Ihre ursprüngliche Verfassungsbeschwerde stammt aus dem Jahr 2016, an ihrer Kritik ändern auch die neu nummerierten, aber inhaltlich unveränderten Paragrafen nichts. Zudem gelte laut dem EU-Abgeordneten Patrick Breyer: „Selbst wenn eine IP-Vorratsdatenspeicherung rechtlich machbar wäre, dürfen nicht alle Internetnutzer unter Generalverdacht gestellt und die Anonymität im Netz abgeschafft werden“, so der Pirat in einer Pressemitteilung.

Regelung könnte auch Messenger treffen

Die aktualisierte Verfassungsbeschwerde weist etwa darauf hin, dass unter Umständen bestimmte Messenger-Dienste von der VDS-Regelung betroffen sein könnten, die Zweckbindung der gesammelten Daten unzureichend ausfalle und Vertrauensberufe wie Anwält:innen oder Ärzt:innen nicht genügend geschützt seien.

Abgesehen hat es die Beschwerde aber auch auf die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen. „Eine generelle und undifferenzierte Vorratsspeicherung der Identität der Internet-Nutzer würde die Erstellung aussagekräftiger Persönlichkeits- und Bewegungsprofile praktisch jeden Bürgers in noch höherem Maße als durch den Rückgriff auf Telefon-Verbindungsdaten ermöglichen“, heißt es in dem Schreiben.

Die Kenntnis der IP-Adressen von Internetnutzer:innen mache potenziell deren gesamte Internetnutzung sowie ihre Aufenthaltsorte nachvollziehbar, warnen die Aktivist:innen. Eine generelle und undifferenzierte VDS würde das Ende der Anonymität im Internet bedeuten und zu einer Verhaltensänderung von Bürger:innen führen – obwohl es keine belastbaren Untersuchungen gebe, die einen Zusammenhang zwischen Aufklärungsquote und anderorts in Kraft befindlicher VDS belegen könne.

Quick Freeze als Ausweg?

Für das umstrittene Überwachungsinstrument wird es ohnehin eng. Auf EU-Ebene erteilte ihm der EuGH-Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona jüngst eine Absage. Oft folgt das Gericht den Empfehlungen des Generalanwalts, ein Urteil in dem Verfahren wird für das kommende Jahr erwartet. Zugleich ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass selbst eine erneute Schlappe vor Gericht den „Zombie VDS“ nicht totkriegen wird.

In Deutschland will der neue Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die VDS hingegen „endgültig aus dem Gesetz streichen“, bestätigte er letzte Woche die Position der Ampel-Koalition. Stattdessen dürfte wohl Quick Freeze zum Einsatz kommen. In solchen Fällen werden Vorratsdaten erst nach einem konkreten Anfangsverdacht und einer gerichtlichen Anordnung „eingefroren“ und Ermittlungsbehörden zur Auswertung übergeben. Richtig umgesetzt gilt dieser Ansatz als grundrechtsschonende Alternative zur Vorratsdatenspeicherung und wird von Breyer, aber etwa auch vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, befürwortet.


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