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Pistolen und Munition für EU-Grenztruppe: Frontex entscheidet sich für Waffenhersteller aus Österreich

Das Bild zeigt eine mattschwarze Pistole, die auf blauem, Falten werfendem Samt liegt.

Die Europäische Grenzagentur Frontex rüstet ihre neue „Ständige Reserve“ mit Schusswaffen des österreichischen Waffenherstellers Glock aus. Die Firma liefert laut dem Vergabeportal für europaweite Ausschreibungen 2.500 halbautomatische 9×19-mm-Pistolen und erhält dafür 3,76 Millionen Euro. Der zunächst für einen Zeitraum von vier Jahren geschlossene Vertrag kann mehrmals verlängert werden. Glock muss die Verfügbarkeit und Lieferung aller angebotenen Teile für mindestens 15 Jahre garantieren.

Die Waffen werden mit dem üblichen Zubehör geliefert, darunter zusätzliche Magazine, Holster, aufsteckbare Taschenlampen, Werkzeugsätze und Reinigungssets. Ein Rahmenvertrag enthält außerdem Trainings der Frontex-Schützen und ihrer Ausbilder.

Frontex lud zum „Industriedialog“

Einen weiteren Auftrag über insgesamt 1,24 Millionen Euro vergibt Frontex an die polnischen Firmen Mildat und Parasnake Arkadiusz Szewczyk für die Lieferung von 3,6 Millionen Schuss Munition. Dabei handelt es sich um sogenannte Vollmantelgeschosse mit hoher Durchschlagskraft sowie Teilmantelgeschosse, die mit hoher Energie auf den Körper auftreffen und sich dabei verformen.

Eine erste Ausschreibung für Ausrüstung seiner Grenztruppe hatte Frontex zunächst annulliert, erst im Mai dieses Jahres folgte die neue Listung auf dem EU-Vergabeportal. Als Grund nennt Frontex eine zu kurze Lieferfrist, die von den Herstellern wegen Schwierigkeiten aufgrund der Corona-Pandemie nicht eingehalten werden könne. Bei dieser Gelegenheit seien auch technische Anforderungen geändert worden, „die von einigen potenziellen Bietern als zu eng empfunden wurden“, schrieb der Frontex-Direktor Fabrice Leggeri vergangene Woche.

Vor der anstehenden Ausschreibung hatte Frontex sechs Waffenhersteller zu einem „Industriedialogeingeladen. Glock hatte dort die Kleinkaliber-Pistole „G44“ präsentiert, die Waffe verfügt über ein Magazin für zehn Schüsse. Glock liefert für jede Pistole insgesamt drei Magazine. Ob sich Frontex tatsächlich für die „G44“ entschieden hat, bleibt offen. Mit dem Auftrag kann Glock seinen Umsatz abermals erhöhen, im vergangenen Jahr soll sich der Gewinn der Firma mehr als verdreifacht haben.

3.000 Beamt:innen der „Kategorie 1“

Frontex baut mit der „Ständigen Reserve“ eine Einheit von 10.000 Beamt:innen auf, von denen 7.000 aus den Mitgliedstaaten ausgerüstet und zu Frontex-Missionen entsandt werden. 3.000 von ihnen werden von Frontex als „Kategorie 1“ uniformiert und bewaffnet. Sie unterstehen direkt dem Frontex-Direktor und seinen Stellvertretern. Zu den Einsatzmitteln für die Ausübung von Zwang zählen außerdem Schlagstock, Handschellen und Reizstoffe. Eine solche EU-Polizeitruppe ist bislang einmalig.

Ursprünglich sollte die Bewaffnung der „Ständigen Reserve“ mit ihrer ersten Einsatzbereitschaft Anfang dieses Jahres erfolgen. Zwei von Frontex und der EU-Kommission in Auftrag gegebene Gutachten kamen jedoch zu dem Schluss, dass der EU die rechtliche Grundlage für den Erwerb von Waffen und Munition fehlt. Der Frontex-Verwaltungsrat erließ daraufhin eine Klarstellung, wonach zur üblichen Ausrüstung der Agentur, deren eigene Beschaffung ihr seit 2016 erlaubt ist, auch Schusswaffen zählen könnten.

Sitzabkommen mit Polen

Das Hauptquartier der EU-Grenzagentur befindet sich in Warschau, ein sogenanntes Sitzabkommen regelt dazu organisatorische Details. Weder in diesem Vertrag noch in polnischen Gesetzen ist Frontex aber als Einheit erwähnt, die Waffen oder Munition anschaffen, registrieren, lagern oder in Einsatzgebiete transportieren darf. Die Kommission hatte angekündigt, hierzu eine Einigung erzielen zu wollen. Worin diese besteht und ob sie tatsächlich unterzeichnet ist, bleibt unklar.

Damit die „Kategorie 1“ von Frontex vorläufig ohne eigene Bewaffnung in Einsätze ziehen kann, wollte die Agentur im Falle Griechenlands Waffen, Zubehör und Munition von der dortigen Polizei ausleihen. Ein entsprechendes Abkommen mit der Regierung in Athen hatte der Frontex-Direktor im März im EU-Parlament angekündigt. Es kam jedoch laut dem Schreiben Leggeris von letzter Woche nicht zustande. Weitere, ebenfalls noch nicht rechtskräftige Leihverträge hat Frontex mit Litauen, Rumänien und Finnland verhandelt.


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