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Verbraucherschutz: Recherche deckt Netzwerke von falschen Google-Bewertungen auf

Gesicht mit Sternen

Der Bayerische Rundfunk (BR) hat zusammen mit dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) bei Google Netzwerke gefälschter Bewertungen aufgedeckt. Bei einer Stichprobe entdeckten die Journalisten vom BR direkt mutmaßlich 5.000 solcher Rezensionen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch die Recherche des SRF.

Einer der Anhaltspunkte der BR-Recherche waren kurz hintereinander erstellte Bewertungen, sowie die Orte, an denen die Bewertungen abgegeben wurden und deren Plausibilität. So bewerteten die auffälligen Accounts an Orten, die weit auseinanderliegen, sowie Geschäfte aus vollkommen unterschiedlichen Branchen: Darunter waren ein Schmuckgeschäft, ein Autoverleih, eine Flugschule, an der die Rezensent:innen einen Kurs belegt haben wollen und ein Bestattungsinstitut, das sie angeblich alle für einen Todesfall konsultiert haben. Der SRF überprüfte zudem die Profilfotos von den Accounts, die Bewertungen abgegeben hatten, und fand dabei Fotos, die bei Stockfotografie-Anbietern zu haben waren.

Bestattung, Flugschule, Schmuckgeschäft

Ein auffälliges Muster war außerdem, dass auf schlechte Bewertungen auf Google recht schnell gute Bewertungen folgten, heißt es beim BR. Heraus kam auch, dass die Bewertungen nicht maschinell, sondern händisch vorgenommen würden. Eine falsche Bewertung kostet laut der Recherche zwischen 6 und 19 Euro. Die Methodik des BR lehnte sich an eine wissenschaftliche Studie zu Fake-Kommentaren an, der SRF nutzte eine etwas andere Herangehensweise.

Um zu zeigen, wie einfach man Bewertungen kaufen kann, dachte sich der BR eine falsche Firma aus. Das erfundene Übersetzungsbüro für Klingonisch konnte innerhalb kurzer Zeit einen Bewertungsdienstleister dazu bringen, die selbstgeschriebene 5-Sterne-Bewertung „Vielen Dank für die exakte Übersetzungen, das hätte ich gar nicht erwartet, dass es im deutschsprachigen Raum einen Experten wie Sie gibt“ abzugeben. Auch die Schweizer Journalist:innen waren bei ihrem Test erfolgreich. Sie trugen eine nicht-existente Bar mit dem Namen „Honigtopf“ an der Adresse des Fernsehsenders ein und kauften sich zehn positive Bewertungen mit Texten ihrer Wahl.

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Als die Journalisten Google mit den Ergebnissen konfrontierten, sagte man dort, dass das Unternehmen alleine im Jahr 2020 etwa 55 Millionen Rezensionen und Bewertungen gelöscht habe, die gegen die Richtlinien verstoßen hätten. Google setze bei der Erkennung auf eine Kombination aus Mensch und Technologie. „Wenn wir feststellen, dass Menschen in die Irre geführt werden, ergreifen wir umgehend Maßnahmen – von der Entfernung von Inhalten bis hin zur Löschung des Google-Kontos.“ Die Rechercheure vom SRF konterten: „Die Tausenden von Fake-Profilen, die SRF mit einfachen Mitteln ermittelt hat, konnten Googles Algorithmen offenbar nicht erkennen.“ Dabei hat Google vollen Zugriff auf alle Daten und dürfte theoretisch über weitaus mehr Analysemöglichkeiten verfügen als die Journalist:innen.

Der BR beschreibt auch, wie sich falsche Bewertungen erkennen lassen: Echte Nutzer:innen hätten in der Regel einen lokalen Schwerpunkt, wobei auch andere lokale Schwerpunkte hinzukommen könnten, wenn diese Nutzer:innen im Urlaub seien. Ein weiterer Anhaltspunkt seien die vergebenen Sterne: Echte Nutzer:innen würden meistens nicht nur oder außergewöhnlich viele 5-Sterne-Bewertungen abgeben.

Handel mit Bewertungen ist unter Umständen legal

Der Handel mit den Bewertungen könne legal sein, heißt es von der Verbraucherzentrale Bayern gegenüber dem BR. Allerdings nur, wenn die Rezensionen von echten Menschen stammen, die das Produkt gekauft oder die Dienstleistung in Anspruch genommen haben. Wettbewerber der Unternehmen, aber auch Wirtschaftsverbände können gegen falsche Rezensionen wegen Wettbewerbsverzerrung vorgehen. 

Die Attraktivität von gefälschten Bewertungen liege daran, dass Menschen mit einer negativen Kundenerfahrung viel schneller Bewertungen abgeben würden als zufriedene Kund:innen, sagt ein Sprecher vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband gegenüber dem BR. Die bewerteten Unternehmen geraten dann in Zugzwang, weil sie die Bewertungen wirtschaftlich spüren würden. Es sind aber nicht nur die Kund:innen, die Bwertungen in ihre Kaufentscheidung einbeziehen. Die Menge und die Anzahl positiver Bewertungen wirkt sich auch auf das Suchranking bei Google aus. Wer wenige oder schlechte Bewertungen hat, verliert also an Sichtbarkeit über die Suchmaschine.


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