Die Mautaffäre wird Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) einfach nicht los. Ein Untersuchungsausschuss im Bundestag zerkaute monatelang die Entscheidung seines Ministeriums, trotz massiver rechtlicher Bedenken eine PKW-Maut nur für Ausländer einzuführen. Diese Fehleinschätzung könnte den deutschen Staat viele Millionen Euro an Gerichtskosten und Entschädigung kosten. Unmut gibt es auch über offenkundige Verschleierungstaktiken. Das Bundesverkehrsministerium erklärte, Daten auf Scheuers Handy aus der entscheidenden Phase der Maut-Planung seien gelöscht worden. Seine Beamten machten außerdem 170 Dokumente aus der Mautaffäre zur Verschlusssache.
Die Presse verärgerte Scheuer mit dem Versuch, kritische Berichterstattung über die Mautaffäre zu „torpedieren“. Als der Spiegel-Journalist Gerald Traufetter im August 2019 einen Fragenkatalog an das Ministerium schickte, schlug ein Mitarbeiter Scheuers vor, die Antworten stattdessen an einen anderen Journalisten zu geben, der so dem Spiegel zuvorkommen könnte. Und tatsächlich, wenig später veröffentlichte das Ministerium seine Antworten in einer Pressemitteilung – eine aggressive Taktik, mit der das Ministerium einer wohl negativen Schlagzeile in dem Nachrichtenmagazin zuvorkam.
Bundesbeauftragter greift zum „stärksten Instrument“
Dass Scheuer Anweisungen gab, die Arbeit des Spiegel zu unterlaufen, geht aus internen E-Mails des Ministeriums hervor, über die WDR und NDR berichteten. Die Herausgabe des vollständigen Mail-Wechsels verweigerte das Ministerium aber. Es lehnte eine Informationsfreiheitsanfrage mit der Begründung ab, eine Veröffentlichung könne die mediale Wahrnehmung Scheuers verzerren und sich damit im Untersuchungsausschuss nachteilig für den Minister auswirken.
Diese Begründung hält der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, für nicht haltbar. Er schickte kürzlich eine formelle Beanstandung an Scheuers Ministerium – eine seltene und schwere Rüge für Verstöße gegen das Informationsfreiheitsgesetz. Eine Beanstandung sei das „derzeit stärkste Instrument des Bundesbeauftragen“, betonte ein Sprecher seiner Behörde. Konsequenzen hat sie keine, aber sie hebt Scheuers Haus als besonders intransparent hervor.
Scheuer sorgte in seiner Amtszeit wiederholt für Pannen und Spott. Sein freihändiges Vorgehen beim Thema Maut sorgte selbst bei den hauseigenen Rechtsbeiständen für Kopfschütteln. Und während der Unionspolitiker sich vor allem um Maut und Autobahnen kümmerte, zeigte er für chronische Verspätungen und andere Mängel bei der Bahn wenig Interesse, kritisierte der Bundesrechnungshof. Auch sein vollmundiges Versprechen, alle Funklöcher im Handynetz zu schließen, blieb unerfüllt. Trotz seines Scheiterns saß Scheuer bislang alle Rücktrittaufforderungen aus und hofft, im Falle eines Wahlsiegs der Union nach der Bundestagswahl weiter Bundesverkehrsminister zu bleiben.
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