Zahlen zu den Betriebskosten großer Messenger oder sozialer Netzwerke sind rar. Die Signal-Stiftung gewährt nun erstmals einen Einblick in die laufenden Kosten – und zeigt auf, wie die Nutzer:innen bei der Finanzierung des gleichnamigen Messengers eine größere Rolle spielen könnten.
Der nicht-kommerzielle Messenger Signal veröffentlicht erstmals Zahlen darüber, wie viel der jährliche Betrieb seines Dienstes kostet. Signal hat sich in den vergangenen zehn Jahren vom nerdigen Werkzeug zum Mainstream-Messenger entwickelt. Die Nutzungszahlen werden weltweit auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag geschätzt. In Deutschland, wo der Datenschutz gesellschaftlich eine vergleichsweise große Rolle spielt, soll der Marktanteil bei etwa acht Prozent liegen.
Laut einem Blogbeitrag von Signal wird der Betrieb des Messengers im Jahr 2025 schätzungsweise etwa 50 Millionen US-Dollar kosten. Schon in diesem Jahr kostet allein die technische Infrastruktur rund 14 Millionen US-Dollar. Sie verteilen sich auf:
- (Zwischen-)Speicher: 1,3 Millionen Dollar pro Jahr,
- Server: 2,9 Millionen Dollar pro Jahr,
- Registrierungsgebühren: 6 Millionen Dollar pro Jahr,
- Gesamtbandbreite: 2,8 Millionen Dollar pro Jahr,
- Zusätzliche Dienste: 700.000 Dollar pro Jahr.
Den größten Posten bei der technischen Infrastruktur machen die Bestätigung-SMS aus, die neu registrierte Nutzer:innen bekommen. Signal begründet die Abfrage von Telefonnummern bei der Registrierung damit, dass der Dienst so Spam-Accounts abwehre. Diese Kosten werden laut Signal in Zukunft voraussichtlich noch steigen, da die Telefonanbieter den Tod des veralteten SMS-Dienstes mit höheren Kosten kompensieren würden.
Für einen weiteren Teil der Ausgaben seien die hohen Sicherheitsanforderungen verantwortlich. So leitet Signal vollständig verschlüsselte Anrufe von Personen, die nicht in den Kontakten der Nutzer:innen sind, immer über einen Relay-Server, der die IP-Adressinformationen verschleiert. Im Blogbeitrag heißt es dazu: „Beim derzeitigen Verkehrsaufkommen beläuft sich die für die Unterstützung von Signal-Sprach- und Videoanrufen benötigte abgehende Bandbreite auf etwa 20 Petabyte pro Jahr (das sind 20 Millionen Gigabyte). Das allein verursacht für die Anrufe Bandbreitengebühren in Höhe von rund 1,7 Millionen US-Dollar pro Jahr.“
Hinzu kommen im laufenden Jahr Personalkosten in Höhe von etwa 19 Millionen Dollar. Signal beschäftigt mittlerweile rund 50 Mitarbeiter:innen in Vollzeit – eine im Branchenvergleich „schockierend kleine“ Zahl, so die Stiftung.
Signal will kleine Einzelspenden ausbauen
Gegenüber Wired begründet die Präsidentin der gemeinnützigen Signal-Stiftung, Meredith Whittaker, die Offenlegung der Kosten. Demnach sollen die Zahlen transparent darlegen, wie „überraschend teuer“ der Betrieb der Signal-Infrastruktur ist. Die Stiftung will damit auch den Blick auf das „Geschäftsmodell der Überwachung“ der anderen Messenger lenken.
Signal wurde ursprünglich mit Geldern aus dem Open Technology Fund des US-Außenministeriums gegründet, ist aber bereits seit Langem auf andere Finanzierungen angewiesen. In die 2018 gegründete Signal Foundation brachte unter anderem WhatsApp-Gründer Brian Acton rund 50 Millionen US-Dollar ein.
Seine Finanzspritze ließ sich Acton mit Einfluss entgelten. Laut einem Bericht von Spektrum.de wird die im Silicon Valley ansässige Signal-Stiftung von einem fünfköpfigen Vorstand geleitet, deren Vorsitzende Meredith Whittaker ist. Der Vorstand ist aber nicht das höchste Gremium in der Organisation. „Eine Ebene darüber gibt es noch die Mitgliederversammlung der Foundation. Und diese besteht aus einer einzigen Person: Brian Acton. Der hat laut Form990-Bericht für 2021 das alleinige Recht, den Vorstand (das »Board of Directors«) zu wählen“, heißt es in dem Spektrum-Artikel.
Neben Acton tragen laut Wired auch andere Großspender dazu bei, die Kosten der Stiftung zu decken. So habe Twitter-Mitbegründer Jack Dorsey die Summe von 1 Million Dollar pro Jahr zugesagt. Andere Förderer:innen, deren Namen Whittaker nicht nennen will, spenden ähnlich hohe Beiträge.
In Zukunft will Signal mehr auf Einzelspenden von Signal-Nutzer:innen setzen. Diese können seit März 2012 in der Messenger-App direkt an die Stiftung spenden. Im Gegenzug erhalten sie in ihrem Profilbild ein kleines Badge. Laut Signal decken diese Einzelspenden aktuell 25 Prozent der Betriebskosten. Im vergangenen Jahr waren es noch 18 Prozent. Um künftig nicht auf Großspender:innen angewiesen zu sein, müssten die Einzelspenden der Nutzer:innen laut Whittaker aber noch deutlich zunehmen.
Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.
0 Commentaires