Nach zahlreichen Medienberichten bestätigen nun auch die Vereinten Nationen Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Region Xinjiang. Dabei geht es auch um den Aufbau eines umfassenden Überwachungsstaates, der sich gegen die muslimische Minderheit richtet.
Am letzten Tag ihrer Amtszeit erschien der Bericht der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet zu schweren Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Region Xinjiang. Der Report sollte ursprünglich bereits im letzten Jahr veröffentlicht werden, Bachelet berichtet von politischem Druck mehrerer Regierungen. In Xinjiang lebt die muslimische Minderheit der Uiguren, seit Jahren berichten Journalist:innen von Menschenrechtsverletzungen in der Region, die nun der UN-Bericht bestätigt.
Während die chinesische Regierung den Bericht bestreitet und seine Veröffentlichung verhindern wollte, sprechen Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch davon, dass der Ton des Berichts schärfer sein könnte.
Der knapp 50-seitige Bericht (PDF) analysiert zuerst die rechtliche Situation und die chinesischen Maßnahmen gegen einen so genannten „Extremismus“. Es folgen einzelne Aspekte, von der Zerstörung von religiösen Stätten bis zur Internierung von Menschen. Ein Teil widmet sich Verletzungen der Privatsphäre und staatlicher Überwachung.
Allgegenwärtige Überwachung
Hierzu heißt es im Bericht, dass weitreichende rechtlichen Befugnisse „die rechtliche Grundlage für ein ausgeklügeltes, groß angelegtes und systematisches Überwachungssystem“ bilden, das online sowie offline eingesetzt werde:
Diese Überwachung wird Berichten zufolge durch ein allgegenwärtiges Netz von Überwachungskameras, einschließlich Gesichtserkennungsfunktionen, ein ausgedehntes Netz von ‚einfachen Polizeistationen‘ und anderen Kontrollpunkten sowie einen umfassenden Zugriff auf die persönlichen Kommunikationsgeräte und die Finanzdaten der Menschen in Verbindung mit dem analytischen Einsatz von Big-Data-Technologien ermöglicht.
Der Bericht nennt auch Polizeidatenbanken, in denen Daten zu „Verdächtigen“ gespeichert und zusammengeführt werden. Das alles deute auf ein durchgängiges Muster invasiver elektronischer Überwachung hin, die sich gegen die uigurische und andere überwiegend muslimische Bevölkerungsgruppen richten könne und auch richte. Bestimmte Verhaltensweisen würden automatisch überwacht und könnten den Strafverfolgungsbehörden als mögliche Anzeichen von „Extremismus“ gemeldet werden – etwa das Herunterladen islamisch-religiöser Materialien oder die Kommunikation mit Personen im Ausland.
Testfeld für den Techno-Totalitarismus
Die Aufrüstung des technologischen Überwachungsstaates und seine Erprobung in Xinjiang sind seit Jahren Thema. Dabei kaufte die Polizei in der Region auch westliche Technik zur DNA-Sequenzierung. Chinesische Firmen wie Hikvision, die auch den Überwachungsmarkt im Westen beliefern, sind federführend bei der biometrischen Überwachung der Bevölkerung beteiligt.
Deutsche Unternehmen wie Volkswagen oder BASF betreiben in Xinjiang Produktionsstätten. „In der Nähe von beiden Werken betreibt die chinesische Staatsführung einer Studie des australischen Thinktanks Australian Strategic Policy Institute (Aspi) zufolge Internierungslager, in denen mutmaßlich auch Uiguren festgehalten werden“, berichtet das Handelsblatt.
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