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Chatkontrolle: Bundesregierung ist gegen Netz-Sperren, aber trägt sie mit

Deutschland hat Netz-Sperren bereits ausprobiert und wieder abgeschafft, seitdem gilt eigentlich „Löschen statt Sperren“. Bei EU-Verhandlungen zur Chatkontrolle vertritt die Bundesregierung diesen Grundsatz nicht. Das geht aus einem Protokoll hervor, das wir veröffentlichen.

Ursula von der Leyen zeigt ein Stopp-Schild
Hat Netz-Sperren eigentlich geklärt: Ursula von der Leyen 2009. – Alle Rechte vorbehalten Tim Brakemeier dpa/lbn

Die Geschichte der deutschen Netzpolitik ist eng verknüpft mit Abwehrkämpfen gegen zwei politische Forderungen: Vorratsdatenspeicherung und Netz-Sperren. Im Jahr 2009 – vor 14 Jahren – forderten die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen und das Bundeskriminalamt Netz-Sperren gegen sogenannte Kinderpornografie. Das Zugangserschwerungsgesetz wurde zunächst beschlossen, aber nie angewendet und zeitnah wieder aufgehoben.

Seit dieser Auseinandersetzung gibt es in Deutschland einen breiten Konsens: Netz-Sperren sind nicht notwendig, weil sexueller Missbrauch überall illegal ist und alle Hosting-Anbieter solche Inhalte löschen. Netz-Sperren sind nicht effektiv, weil sie Inhalte nur verstecken, statt sie zu entfernen. Netz-Sperren sind nicht angemessen, weil sie nicht nur einzelne Inhalte treffen, sondern ganze Websites oder Server mit vielen anderen Inhalten.

Die offizielle Position Deutschlands ist seitdem „Löschen statt Sperren“. Dazu bekennt sich jede Bundesregierung. Das BKA beweist regelmäßig, dass kinderpornografische Inhalte im Internet gelöscht werden können, wenn die Polizei will. Jede Bundesregierung lobt „Löschen statt Sperren“ Jahr für Jahr mit einem Löschbericht.

Doch jetzt weicht die Ampel-Regierung auf EU-Ebene von dieser langjährigen Linie ab.

Chatkontrolle und Netz-Sperren

Vor bald einem Jahr hat die EU-Kommission eine Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeschlagen. Der Gesetzentwurf ist vor allem bekannt für die sogenannte Chatkontrolle, beinhaltet aber weitere problematische Vorschläge.

Seitdem verhandeln die EU-Staaten über den Entwurf in der Ratsarbeitsgruppe Strafverfolgung. Ende Februar diskutierte die Arbeitsgruppe ausschließlich den Gesetzentwurf. Die schwedische Ratspräsidentschaft hatte zur Vorbereitung Kompromissvorschläge erarbeitet.

Wir veröffentlichen einen eingestuften Drahtbericht der deutschen Verhandlungsgruppe von der Verhandlungsrunde.

Die EU-Kommission fordert, dass Internet-Zugangsanbieter Netz-Sperren gegen illegale Internet-Inhalte einrichten müssen. In ihrem Gesetzentwurf schreibt die Kommission, dass Anbieter von Internet-Anschlüssen „den Zugang zu URL-Adressen“ sperren sollen. Technisch erfordert das Sperren auf der Anwendungsschicht wie HTTP(S) und damit Deep Packet Inspection. Die Anbieter müssten also in einzelne Datenpakete hineinschauen.

Doch Webseiten-Aufrufe sind heutzutage nicht mehr unverschlüsselt mit HTTP, sondern verschlüsselt mit HTTPS. Das verhindert, dass Internet-Zugangsanbieter URLs erkennen oder gar sperren können, ohne die Verschlüsselung zu brechen. Der Vorschlag ist also technisch nicht realistisch möglich.

Overblocking und Schutzmaßnahmen

In der vorigen Verhandlungsrunde im Januar gab die Ratspräsidentschaft das auch zu: „Dabei sei es regelmäßig nur möglich, ganze Websites zu sperren. Hier gelte es, die grundrechtliche Balance zu wahren“, der entsprechende „Artikel 16 werfe noch eine Reihe von Fragen auf“.

Antworten hat die EU-Kommission noch nicht. Wo eine Sperrung „per URL nicht möglich sei, könne über eine Anpassung der Definition […] auf den Ort des Inhaltes verwiesen werden“. Wie eine solche Definition aussehen soll, sagt die Kommission nicht.

Technisch wäre es allenfalls möglich, Netz-Sperren auf der Ebene von DNS oder IP durchzuführen. Damit werden aber ganze Domains oder IP-Adressen gesperrt und damit weit mehr als nur einzelne URLs. Die Kommission erkennt dieses Risiko von „Overblocking“ und würde es gern „vermeiden“. Niemand in der Verhandlungsrunde – weder Kommission noch Mitgliedstaaten – hat eine Lösung, wie das funktionieren soll.

Belgien fordert sogar, „dass Sperranordnungen auch an DNS-Anbieter adressiert werden sollten“ und damit explizit das Overblocking ganzer Domains, das sogar die Kommission vermeiden will.

Die EU-Kommission fordert in ihrem Gesetzentwurf, dass die anordnende Behörde vorher „sämtliche Untersuchungen und Bewertungen“ durchführt und in vier konkreten Schritten prüft, ob Netz-Sperren notwendig sind.

Die schwedische Ratspräsidentschaft fordert in ihrem Kompromissvorschlag, diese Schritte zu streichen und stattdessen nur den Dienste-Anbieter zu informieren und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Estland, Frankreich, Dänemark und Polen fordern, auch diese Minimal-Lösung zu streichen. Die Kommission wünscht sich aber „hinreichende Safeguards“.

Netz-Sperren kritisch, aber möglich

Deutschland sitzt in diesen Verhandlungen am Tisch und kann die deutsche Position „Löschen statt Sperren“ erklären und dafür werben. Doch die deutschen Verhandler bleiben zurückhaltend: „Deutschland trug weisungsgemäß zu Artikel 16 vor, dass Sperranordnungen insgesamt kritisch gesehen werden, jedenfalls nur subsidiär erfolgen dürften und eine Güterabwägung im Einzelfall erforderten.“

Der Gesetzentwurf der EU-Kommission liegt schon bald ein Jahr vor, doch die Bundesregierung hat sich noch nicht auf eine gemeinsame Position dazu geeinigt. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums bestätigt: „Die Bundesregierung stimmt derzeit die Positionierung zum Verordnungsentwurf der EU-Kommission ab. Die Abstimmung dauert an. Eine abgestimmte Stellungnahme Deutschlands zum gesamten CSA-Verordnungsentwurf existiert noch nicht.“

Die Bundesregierung lehnt laut Koalitionsvertrag „allgemeine Überwachungspflichten, Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht“ ab. Das Innenministerium fordert trotzdem genau diese Maßnahmen. Die FDP-geführten Ministerien für Justiz und Digitales hingegen fordern in roten Linien die Einhaltung dieser Punkte. Das Thema Netz-Sperren kommt in der regierungsinternen Auseinandersetzung bisher nicht erkennbar vor.

Löschen statt oder vor Sperren?

Wir haben das Justizministerium gefragt, warum die FDP-Ministerien das Thema Netz-Sperren in ihren roten Linien nicht erwähnen. Eine inhaltliche Antwort haben wir nicht erhalten.

Stattdessen sagt uns eine Sprecherin des Justizministeriums, dass „der bewährte Grundsatz ‚Löschen statt Sperren‘ gelten“ sollte. Gleich im nächsten Satz relativiert sie aber: „Dabei stehen Entfernungsanordnungen und Sperranordnungen in einem Stufenverhältnis. Sperranordnungen kommen aus Sicht des BMJ nur als letztes Mittel in Frage, wenn Entfernungsanordnungen nicht ausreichen, um die dauernde und umfangreiche Verbreitung von Kinderpornografie durch einen Anbieter zu verhindern.“

Eine Sprecherin des Innenministeriums spricht gegenüber netzpolitik.org ebenfalls vom „Grundsatz ‚Löschen statt Sperren'“ und ermöglicht Netz-Sperren noch im selben Satz: „Aus Sicht der Bundesregierung sollte bei der Entfernung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern vorrangig eine dauerhafte Entfernung der Inhalte angestrebt werden.“

Die Bundesregierung spricht also von „Löschen statt Sperren“, meint aber „Löschen vor Sperren“. Und so verhandelt sie auch in Brüssel.

Bundestag klar gegen Netz-Sperren

Im Bundestag sorgen diese Äußerungen für Kritik, auch innerhalb der Regierungs-Fraktionen.

Die SPD-Abgeordnete Anna Kassautzki sagt auf Anfrage, sie „lehnt Netzsperren ab“. Das gilt auch für die zuständigen Berichterstatter der SPD-Fraktion, sie „lehnen Netzsperren ebenfalls ab“. Die SPD verweist auf eine Aussage von Olaf Scholz von 2009: „Internetsperren sind ineffektiv, ungenau und ohne weiteres zu umgehen. Sie leisten keinen Beitrag zur Bekämpfung der Kinderpornografie und schaffen eine Infrastruktur, die von vielen zu Recht mit Sorge gesehen wird.“

Der grüne Abgeordnete Tobias Bacherle teilt mit: „Wir Grüne setzen uns seit einem Jahrzehnt dafür ein, dass Netzsperren in Deutschland glasklar ausgeschlossen werden. Ich, genauso wie die grüne Fraktion und die grün geführten Ministerien, stehen weiterhin hinter dem Prinzip ‚Löschen statt Sperren‘. Problematische Inhalte sollten schnell und effektiv gelöscht werden, anstatt ganze Domains zu sperren und damit auch im Extremfall die HTTPS-Verschlüsselung von Webseiten auszuhebeln.“

Der FDP-Abgeordnete Maximilian Funke-Kaiser lehnt „die Schaffung jeglicher Durchsetzungsbefugnisse, die Netzsperren ermöglichen, grundsätzlich ab. Netzsperren stellen kein probates Mittel im Kampf gegen Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder dar und sind Türöffner für eine Zensurinfrastruktur.“

Das Präsidium der FDP hat letztes Jahr erneut beschlossen, Netzsperren „entschieden“ abzulehnen: „Sie stellen kein wirksames Mittel im Kampf gegen Darstellungen von Kindesmissbrauch dar, führen gleichzeitig zu einem großen Vertrauensschaden bei den Internetnutzern und zu Verdrängungseffekten. Löschen statt Sperren ist effektiver, schneller und verhindert, dass kriminelle Inhalte weiter im Netz verfügbar sind – und dient somit am besten dem Opferschutz.“

Die linke Abgeordnete Anke Domscheit-Berg verweist darauf, dass sie „schon vor Jahren mit der Forderung ‚Löschen statt Sperren‘ auf die Straße gegangen“ ist. Netzsperren sind sinnlos und haben erhebliche Nebenwirkungen. Die Linke fordert von der Bundesregierung: „Der Abschnitt zu Netzsperren muss vollständig weg. Der einzig sinnvolle Ansatz ist ‚Löschen statt Sperren‘. Einen Abschnitt zum Löschen strafrechtlich relevanter Inhalte gibt es bereits.“

Bundestag und Bundesregierung

Damit sind Netz-Sperren neben der Chatkontrolle ein weiteres Element der geplanten EU-Verordnung, wo sich die Abgeordneten der Regierungs-Fraktionen weitgehend einig sind, aber die Ampel-Regierung keine einheitliche Position hat. Trotzdem verhandelt das Innenministerium seit fast einem Jahr auf EU-Ebene und vertritt dort Positionen, die in Deutschland noch nicht oder anders beschlossen sind.

Im Bundestag regt sich Widerstand gegen diese Verhandlungspraxis des Innenministeriums. Digitalpolitiker der Ampel wollen, dass der Bundestag seine Position zur Verordnung als Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung beschließt. Im Dezember haben FDP und Grüne einen Antrag nach Artikel 23 Grundgesetz erarbeitet und den Koalitionsfraktionen vorgeschlagen.

Gegenüber netzpolitik.org erneuern Abgeordnete von FDP und Grünen diese Forderung. Der Liberale Maximilian Funke-Kaiser setzt sich „nach wie vor für eine Stellungnahme gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes ein“.

Der Grüne Tobias Bacherle macht sich dafür stark, „dass wir als Bundestag eine eigene Stellungnahme zu dem Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen. Im Falle der Netzsperren sollte sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene deshalb klar gegen Verpflichtungen aussprechen, die zu einer Praxis von Netzsperren führen würden.“

Bisher scheitert eine solche Stellungnahme des Bundestages an den Innenpolitikern der SPD-Fraktion. Die versprechen seit Monaten, dass sich die Bundesregierung „bald“ auf eine gute, gemeinsame Position einigt und diese dann in Brüssel vertritt.

Missbrauch und Terror

Neben Netz-Sperren verhandelten die EU-Staaten im Februar auch weitere Aspekte des geplanten Gesetzes, vor allem wie Internet-Dienste illegale Inhalte melden und entfernen sollen.

Immer wieder ging es um das Verhältnis der neuen Verordnung gegen „Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs“ zu anderen Gesetzen wie der Verordnung über digitale Dienste und der Verordnung gegen terroristische Online-Inhalte. Diese Gesetze behandeln ähnliche Themen und überlappen sich teilweise. Die Ratspräsidentschaft bezeichnet es als „Schlüsselfrage“, wie sie zusammenwirken, ohne sich zu doppeln oder zu widersprechen.

Die Verhandler von Deutschland „trugen weisungsgemäß vor“, dass sie sich in einer Reihe an Artikeln zu Durchführung und Durchsetzung der Verordnung „für eine Angleichung an die Vorgaben der Verordnung gegen terroristische Online-Inhalte einsetzen.“

Eine Stunde Frist

Der geplante Verordnungs-Entwurf würde Hosting-Anbieter pflichten, Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs innerhalb von 24 Stunden zu entfernen. Terroristische Inhalte müssen seit zwei Jahren hingegen innerhalb einer Stunde entfernt werden. In der Arbeitsgruppe forderte Frankreich, auch in der neuen Verordnung die Frist „auf eine Stunde zu reduzieren“. Österreich „sprach sich für eine Entfernungsfrist von 24 Stunden aus“.

Die schwedische Ratspräsidentschaft schlug vor, dass die Behörde, die eine Entfernungsanordnung erlässt, den Hosting-Anbieter vorher darüber informiert und die Möglichkeit für Feedback einräumt. Frankreich widersprach dieser Ergänzung und will sie auf die erste Entfernungsanordnung beschränken.

Für sechs Staaten, darunter Belgien und Dänemark, stellte diese Informationspflicht „eine rote Linie dar“, das „habe eine erhebliche Verlängerung des Verfahrens zur Folge“. Slowenien begrüßte „die zusätzlichen Äußerungsrechte für Anbieter“, aber forderte eine „Klarstellung der Fristen“.

Schweden schlug ebenfalls vor, dass Anbieter Inhalte nur entfernen müssen, wenn die Behörden „sämtliche notwendigen Untersuchungen und Bewertungen durchgeführt“ haben und wenn die Entfernung den negativen Folgen für Grundrechte wie Meinungsfreiheit der Nutzer und unternehmerischer Freiheit der Anbieter überwiegt. Frankreich, Lettland, Kroatien und Belgien sahen das kritisch. Portugal und Griechenland begrüßten den Vorschlag.

Deutschland „trug weisungsgemäß vor, dass sich Fragen und Klarstellungsbedarf“ stellten.


Hier das Dokument in Volltext:


  • Geheimhaltungsgrad: Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch
  • Datum: 28.02.2023
  • Ort: Brüssel
  • Von: Ständige Vertretung der BRD bei der EU
  • An: Auswärtiges Amt
  • Kopie: BKAmt, BMI, BMJ, BMWK, BMDV, BMFSFJ, BMBF, BMG, BMWK
  • Betreff: Sitzung der RAG Strafverfolgung – Polizei am 24. Februar 2023
  • Zweck: Zur Unterrichtung
  • Geschäftszeichen: Pol 350.80/1

Sitzung der RAG Strafverfolgung – Polizei am 24. Februar 2023

I. Zusammenfassung und Wertung

Die LEWP-Sitzung am 24. Februar 2023 befasste sich ausschließlich mit der Verhandlungen des Entwurfs einer CSAVO. Schwerpunkt der Sitzung stellte die Diskussion der Artikel 12-18 c CSAVOE dar.

II. Im Einzelnen

TOP 1: Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council laying down rules to prevent and combat child sexual abuse

Vorsitz kündigte an, die zuletzt in der RAG am 19./20. Januar 2023 diskutierten Fragen würden in der Sitzung am 12. April 2023 aufgegriffen werden. Der vorliegende Kompromiss basiere auf Kommentaren der Mitgliedstaaten, die unter CZE wie unter SWE Präsidentschaft übermittelt wurden.

Examination of Presidency compromise proposals – 6276/23

Artikel 2:

FRA – unterstützt von ITA – begrüßte die vorgesehene Ergänzung der Definition einer URL in Art. 2 lit v, betonte gleichzeitig, dass für FRA Technologieoffenheit essentiell sei.

Artikel 12:

BEL fragte nach der Reichweite der vorgenommenen Angleichung an Art. 16 DSA.

FRA begrüßte die Angleichung an den DSA grundsätzlich, es seien allerdings Folgeanpassungen in EG 29 erforderlich. FRA und IRL fragten, ob die komplexen Anforderungen in Abs. 4 dem Ziel der „Nutzerfreundlichkeit“ nicht zuwiderlaufe. FRA – unterstützt von ITA – forderte, dass Abs. 4 lit b nicht auf URLs beschränkt sein sollte.

Vorsitz führte aus, dass das Verhältnis zwischen CSA und DSA eine Schlüsselfrage darstelle. POL begrüßte Änderungen in Abs. 3 explizit, auch Ergänzung des Abs. 4 werde grundsätzlich begrüßt; POL fragte, ob die Begründungsplicht zu kompliziert sei – es könne ggf. Fälle geben, in denen von einer Begründung abgesehen werden könne.

AUT – unterstützt von FIN – begrüßt Angleichung an den DSA, es stellten sich allerdings Fragen nach den Adressaten: Der DSA adressiere ausschließlich Hostingdienste, die CSAVO aber auch interpersonelle Kommunikationsdienste, hier bedürfe es Klarstellung. Es stelle sich die Frage, ob „age-approriate“ in Abs. 3 erforderlich bzw. mit Blick auf Anonymität möglich sei; ggf. könnten Abs. 3 und 4 zusammengefasst werden.

DEU trug weisungsgemäß einen umfassenden Prüfvorbehalt, Vorbemerkungen zu notwendigem Anpassungsbedarf im Bereich der Aufdeckungsanordnungen und Fragen zu den Änderungen in Art. 12 Abs. 2, 3 und 4 vor.

Vorsitz führte aus, dass Streichung in Abs. 2 das Ziel verfolge, Meldungen nicht zu umfangreich zu gestalten; Art. 16 Abs. 2 lit c DSA sei in Abs. 3 übernommen worden. Vorsitz zeigte sich offen, den Mechanismus im Verordnungstext klarer auszuführen.

Artikel 13:

Vorsitz erläuterte, dass die DSA-Meldepflicht Fälle erfasse, die Gefahr für Leben/Sicherheit einer Person darstellen. Die Meldepflicht des CSA stelle aus Sicht des Vorsitz lex specialis dar, so dass Anbieter keiner doppelten Meldepflicht unterlägen. Abs. 1 lit c beziehe sich auf die Definition in Art. 2 lit s.

FRA begrüßte Ergänzungen in Art. 13 grundsätzlich.

BEL bat Vorsitz um Erläuterung der Änderungen in lit c und d, die „Dringlichkeit“ in lit j bedürfe weiterer Konkretisierung.

DNK und DEU betonten, dass es relevant sei, dass Ermittlungsbehörden alle relevanten Informationen erhielten.

DEU – unterstützt von PRT – betonte, dass es essentiell sei, doppelte Meldungen zu vermeiden.

MLT begrüßte die vorgenommenen Änderungen grundsätzlich.

KOM führte aus, dass Anhang 3 Punkt 8 die gleiche Formulierung wie Art. 12 Abs. 1 lit ba wähle. Es sei anzugeben, ob die Information den Anbieter über eine Hotline oder einen Nutzer erreiche. Nicht anzugeben sei, welche Hotline/welchen Nutzer.

LVA regte an, Abs. 1 insgesamt an Annex 3 anzugleichen. Bei Meldungen, die in Zusammenhang mit einer Gefahr für Leben/Sicherheit einer Person stünden, sei sicherzustellen, dass diese nationalen Behörden zeitnah erreichten.

HRV – unterstützt von EST – forderte, dass Art. 13 um die verpflichtende Übermittlung von Metadaten ergänzt werde. Metadaten lieferten regelmäßig wesentliche Ermittlungsansätze.

EST regte an, klarzustellen, was mit „available“ data gemeint sei. Anbieter sollten sich nicht darauf berufen können, die Daten seien nicht verfügbar.

Meldungen in Fällen in denen eine Gefahr für Leib und Leben einer Person bestünde seien aus CZE Sicht an das EU-Zentrum zu richten.

HUN betonte, dass es die Herkunft der Information in lit ba genauer angegeben werden sollte, um Ermittlungsarbeiten zu erleichtern.

KOM führte aus, dass KOM-Entwurf Regelungen im Umgang mit dringenden Fällen vorsehe und warnte davor, die Meldepflicht des DSA in die CSAVO aufzunehmen. Die CSAVO sei lex specalis zum DSA. Der DSA habe teilweise einen anderen Anwendungsbereich als die CSAVO.

Artikel 14:

Vorsitz erläuterte, dass mit den Änderungen zu Entfernungs-, Sperr-/ Blockierungsanordnungen gesteigerte Einheitlichkeit innerhalb der CSAVO angestrebt werde. Vorsitz verfolge diesen Ansatz in dem Wissen, das die Anordnungen unterschiedliche Adressaten haben und die Änderungen ggf. einen gewissen Verwaltungsaufwand nach sich zögen.

FRA wiederholte die Forderung, die Frist in Abs. 2 auf eine Stunde zu reduzieren.

AUT sprach sich für eine Entfernungsfrist von 24 Stunden aus, die nicht durch eine zusätzliche „Feedbackschleife“ wie in Abs. 2a vorgesehen, verlängert werden sollte.

ROU – unterstütz von SVN und EST – wies daraufhin, dass in manchen Fällen eine kürzere Frist als 24 Stunden angemessen sei. Je länger Inhalte verfügbar seien, desto schwerer werde die Entfernung. Ggf. könne sich die Entfernungsfrist nach den Inhalten richten: Leicht entfernbare Inhalte sollten binnen einer Stunde zu entfernen seien, größere Inhalte binnen 24 Stunden.

FRA widersprach der Ergänzung in Abs. 2a, diese vorgelagerte Pflicht müsse auf die erste Entfernungsanordnung beschränkt werden.

Für BEL, POL, FIN, LVA, HRV und DNK stellte Abs. 2a eine rote Linie dar; Abs. 2a habe eine erhebliche Verlängerung des Verfahrens zur Folge.

FRA setzte sich für eine ex-post Kontrolle für solche Anordnungen ein, die nicht durch eine unabhängige nationale Behörde getroffen werden.

Abs. 2b sahen FRA, LVA, HRV und BEL kritisch.

Auf Nachfrage, welche Fälle „if necessary via coordinating authority“ i.S.d. Abs. 4/Abs. 5 praktisch entstehen könnten, erläuterte Vorsitz, dass es um Fälle gehe, in denen mehrere nationale zuständigen Behörden benannt würden und nicht alle an das IT-System, das in Art. 39 vorgesehen sei, angeschlossen seien. Vorsitz zeigte sich offen, Formulierungen anzupassen.

Die Änderungen in Abs. 3 wurde durch DNK unterstützt.

Aus POL Sicht sei es wichtig, alle für die Strafverfolgung relevanten Inhalte zu erhalten, hierzu sei ein Verweis auf Art. 22 erforderlich.

DEU trug weisungsgemäß zu Art. 14 vor, dass sich Fragen und Klarstellungsbedarf insbesondere zu dem Verhältnis der neu vorgesehenen Abs. 2a und 2b stellten. Es sei wichtig, klarzustellen, mit welchen Mitteln i.S.d. Art. 14 Abs. 2b „untersucht“ werden solle.

Vorsitz erläuterte auf DEU Frage, dass mit reporting requirements in Abs. 3 lit fa die Informationspflicht der Anbieter in Abs. 7 gemeint sei; „investigations“ in Abs. 2b lit a umfasse die Darstellung und Bewertung aller vorhandenen Fakten.

LVA regte an, einen Bezug von Abs. 3 lit fa zu Abs. 7 herzustellen.

NLD äußerte verfassungsrechtliche Bedenken zu Art. 14.

PRT begrüßte Änderungen in Abs. 2b lit b und bat um praktische Beispiele.

FIN fragte, ob Art. 2 Satz 2 zur Folge hätte, dass Anbieter Inhalte speichern müssten.

SVN begrüßt die zusätzlichen Äußerungsrechte für Anbieter in Abs. 2a, es bedürfe einer Klarstellung der Fristen.

GRC setzte sich für eine Differenzierung zwischen zuständiger und ausstellender Behörde ein; in Abs. 2a sollte „shall“ zu „may“ inform geändert werden, um der Behörde ein Ermessen einzuräumen, GRC unterstützte Abs. 2b.

Artikel 14a:

FRA fragte, ob vorgesehenen Rechtsbehelfe ausreichend seien.

PRT wiederholte Forderung nach Streichung des Art. 14a, grenzüberschreitende Sachverhalte seien bereits von Art. 14 umfasst.

Vorsitz stellte fest, dass Debatten zu Art. 14a denen zur TCOVO Verhandlungen ähnelten.

NLD legte Prüfvorbehalt ein und wiederholte die Frage der Notwendigkeit des Art. 14a.

Artikel 15:

Vorsitz räumte ein, dass Ergänzung in Abs. 2 ggf. zur Folge habe, dass sich eine Behörde selber in Kenntnis setze, nämlich dann, wenn die ausstellende Behörde zugleich koordinierende Behörde sei.

SVN forderte in Abs. 1a „immediately“ durch „without undue delay“ zu ersetzen. Die Frist in Abs. 4 lit a sei aus SVN Sicht auf 12 Wochen zu verlängern. Diese Forderung wurde von EST, ROU und DNK unterstützt.

DEU forderte, die Frist weiter zu prüfen.

BEL fragte nach der praktischen Umsetzung der Wiederherstellungspflicht in Abs. 1a und was mit „other necessary measures“ gemeint sei.

FRA fragte, welche Koordinierungsbehörde in Abs. 2 gemeint sei, wenn der Zusatz „of establishment“ gestrichen werde.

Vorsitz erläuterte, dass die Streichung lediglich der Vereinfachung des Testes diene.

ROU regte an, hinsichtlich der Wiederherstellungspflicht, die Vorzeichen umzukehren: Anbieter sollten sich nach Abschluss der Ermittlungen bei den Behörden erkundigen, ob die Inhalte wiederherzustellen seien.

Artikel 16:

KOM führte aus, dass gem. KOM-Entwurf Sperrungen zielgerichtet auf Bildebene erfolgen sollten, um overblocking zu vermeiden. Wo dies per URL nicht möglich sei, könne über eine Anpassung der Definition in Art. 36 auf den Ort des Inhaltes verwiesen werde. Auf Nachfrage bestätigte KOM, dass in Fällen, in denen Bilder nicht durch einzelne URLs identifizierbar seien, eine weitere Konkretisierung der Location des Inhaltes vorgenommen werden könne. Eine solche Anpassung der Definition von URL bedürfe einer Anpassung der notwendigen Safeguards. Sperranordnungen seien Teil des Gesamtsystems des KOM-Entwurfes: Nur bestätigtes CSAM gelange in die Datenbanken des EU-Zentrums, das gelte für Hashwerte, wie auch für KI-Klassifikatoren und URL. Die nationalen Behörden bestätigten die Illegalität der Inhalte, das EU Zentrum pflege in die Datenbanken ein und stelle die Inhalte dem Anbieter zur Verfügung, wenn dieser Adressat einer Aufdeckungsanordnung geworden sei. Dadurch könne Einheitlichkeit auf EU-Ebene erzielt werden.

HUN sprach sich deutlich dafür aus, Risiken für overblocking zu minimieren.

BEL fordert, dass Sperranordnungen auch an DNS-Anbieter adressiert werden sollten.

DEU trug weisungsgemäß zu Art. 16 vor, dass Sperranordnungen insgesamt kritisch gesehen werden, jedenfalls nur subsidiär erfolgen dürften und eine Güterabwägung im Einzelfall erforderten.

Zum Verhältnis von Entfernungs- zu von Sperranordnungen stellte FRA fest, dass nicht pauschal von einer Subsidiarität gesprochen werden könne: sei bekannt, dass ein Anbieter Inhalte nicht entfernt, müsste eine Sperranordnung auch unmittelbar erlassen werden können, dies entspreche FRA Praxis. FRA forderte eine Streichung der Verweise in Art. 16 auf „URL“.

Wie auch EST forderten FRA, DNK und POL eine Streichung des Abs. 2. KOM betonte, dass Sperranordnungen mit hinreichenden Safeguards versehen sein sollten.

Artikel 17:

FIN, FRA und HRV baten um Erläuterung möglicher Safeguards gem. Abs. 1 lit ea. KOM wies daraufhin, dass Art. 17 Abs. 1 lit d eine Doppelung enthalte, da die URL bereits auf die „online location“ von CSAM hinwiesen.

Artikel 18:

AUT legte dar, dass die Informationspflicht des Art. 18 Abs. 3 nur für Internet Access Service Providers gelte, die Pflicht für Hostingdienste ergebe sich aus Art. 20 DSA. Vorsitz regte an, horizontale Beschwerdemechanismen einzurichten.

DNK fragte nach praktischen Möglichkeiten der Umsetzung von Abs. 4 c.

Continuation of the examination of the proposal – Articles 19 to 39 – 14143/22:

Vorsitz führte aus, dass KOM-Entwurf vor der finalen Fassung des DSA veröffentlicht worden sei. Es stelle sich daher die Frage, ob die Rolle der Koordinierungsbehörde wie im DSA offen vorgegeben oder näher konkretisiert werden solle. Vorsitz kündigte an, dass diese Frage in der kommenden Sitzung am 16. März vertieft werden solle. Es sei die Befassung der Art. 19-29 vorgesehen.

POL, EST, FRA setzten sich für ein Absenken der Anforderungen an die Koordinierungsbehörden ein.

DEU trug weisungsgemäß vor, dass wir uns für eine Angleichung an die Vorgaben der TCOVO einsetzen.

TOP 2: AOB

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